BMF veröffentlicht endgültige Fassung des Anwendungserlasses zu § 153 AO

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat den endgültigen Anwendungserlass zur AO veröffentlicht und damit abschließend Stellung zu der Abgrenzung zwischen der Anzeige- und Berichtigungspflicht einer Selbstanzeige Stellung genommen. Auch das Vorliegen eines adäquaten Innerbetrieblichen Kontrollsystems für Steuern (Tax Compliance-System) wird in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen.

Mit dem am 23. Mai 2016 veröffentlichten BMF-Schreiben und der damit einhergehenden Änderung des Anwendungserlasses zur AO nimmt das Bundesfinanzministerium (BMF) zu der für die Praxis wichtigen Abgrenzung zwischen der Berichtigung nach § 153 AO und einer strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO abschließend Stellung. Die wesentlichen Inhalte – auch im Vergleich zum vorangegangenen Diskussionsentwurf – sollen nachfolgend im Überblick dargestellt werden.

Abgrenzung der Anzeige- und Berichtigungspflicht von einer Selbstanzeige

Gerade die Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige zum 1. Januar 2015 macht eine zweifelsfreie Abgrenzung einer Berichtigung nach § 153 AO von einer Selbstanzeige zwingend notwendig, nicht zuletzt aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Folgen, welche damit einhergehen. Während eine Berichtigung regelmäßig eine Nachversteuerung zzgl. Nachzahlungszinsen auslöst, wiegen die Folgen einer Selbstanzeige deutlich schwerer. Dabei war es in der Vergangenheit vielfach Usus, dass die Finanzverwaltung das Vorliegen von Vorsatz allein aus der Höhe der zu korrigierenden Beträge abgeleitet hat und dies vielfach ohne den Einzelfall genauer zu prüfen. Zur besseren Differenzierung wurde der Anwendungserlass nun um die Definition einer objektiv unrichtigen Erklärung erweitert. Diese sei gegeben, wenn die vollständige und wahrheitsgemäße Offenlegung von Beweismitteln gem. § 90 Abs. 1 Satz 2 AO sowie die wahrheitsgemäßen Angabe nach bestem Wissen und Gewissen gem. § 150 Abs. 2 Satz 1 AO eben gerade nicht vorliege. Zudem würden Vorsatz und Leichtfertigkeit auch nicht von vornherein dadurch ausgeschlossen, dass der Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 AO unverzüglich nachgekommen werde. Soweit ein nachträglicher Fehler festgestellt und entsprechend angezeigt wird, soll entsprechend nur dann keine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung vorliegen, wenn es sowohl am Vorsatz als auch an der Leichtfertigkeit fehle. Spätestens hier wird deutlich, dass selbst eine rasche Anzeige und Berichtigung eines Fehlers nicht automatisch die Vornahme einer Selbstanzeige entbehrlich macht. Ergänzend wird im vorliegenden Anwendungserlass die Anzeige- und Berichtigungspflicht auf Sachverhalte ausgedehnt, in welchen die Unrichtigkeit einer Steuererklärung billigend in Kauf genommen wurde. Bislang im Diskussionsentwurf niedergelegte Formulierungen zur Ausführung der versuchten oder vollendeten Steuerhinterziehung sowie der bußgeldbewehrten Steuerordnungswidrigkeit wurden hingegen nicht in das finale Schreiben übernommen.

Innerbetriebliches Kontrollsystem für Steuern

Im Kontext der Abgrenzung zwischen der Berichtigung und einer strafbefreienden Selbstanzeige wird das Vorliegen eines Innerbetrieblichen Kontrollsystems für Steuern als Indiz gesehen, welches gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann und damit zugunsten des Steuerpflichtigen wirkt. Der Anwendungserlass konkretisiert dies dahingehend, als nun explizit darauf hingewiesen wird, dass das jeweilige Kontrollsystem explizit auf die Erfüllung steuerlicher Pflichten zugeschnitten sein muss (Tax Compliance-System), um als Indiz gegen Vorsatz und Leichtfertigkeit zu sprechen.

Umfang der Anzeige- und Berichtigungspflicht

Die Ausführungen zum Umfang der Anzeige- und Berichtigungspflicht wurden weitgehend aus dem Diskussionsentwurf übernommen. Entsprechend erstrecken sich diese auf alle Erklärungen eines Steuerpflichtigen, die Einfluss auf die Höhe der festgesetzten Steuer oder auf gewährte Steuervergünstigungen haben oder haben können. Als Ergänzung wurde im Anwendungserlass die Entbehrlichkeit der Anzeige und Berichtigung durch den Steuerpflichtigen bei Fehlerfeststellung durch eine Betriebsprüfung ergänzt.

Zur Anzeige und Berichtigung verpflichtete Personen

Zur Anzeige und Berichtigung ist dem Anwendungserlass folgend nicht nur der Steuerpflichtige, sondern auch weitere Personen, wie etwa dessen Gesamtrechtsnachfolger (z. B. Erbe) oder gesetzliche Vertreter (z B. Geschäftsführer) sowie Verfügungsberechtigte (z. B. Treuhänder) verpflichtet. Ausgenommen hingegen sind Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Lohnsteuerhilfevereine oder Rechtsanwälte für Fälle, in welchen diesen Berufsgruppen die Erstellung der jeweiligen Erklärungen obliegt.

Zeitpunkt der Anzeige und Berichtigung

Grundsätzlich muss eine Anzeige und Berichtigung unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, gegenüber der zuständigen Finanzbehörde erfolgen. Ist eine gewisse Zeit zur Aufbereitung der erforderlichen Unterlagen von Nöten, sind vorläufige Angaben zunächst ausreichend und die Finanzbehörden verpflichtet eine angemessene Frist zur Nachreichung der vollständigen Informationen zu gewähren. Unterlässt es der Steuerpflichtige hingegen vorsätzlich den Fehler zur Anzeige zu bringen, liegt insoweit eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen vor, welche eine eigene zehnjährige Festsetzungsfrist nach sich zieht.

Einordnung und Ausblick

Während der Diskussionsentwurf noch einige Schwächen aufwies, sind die Modifikationen, welche der endgültige Anwendungserlass erfahren hat, im Grundsatz zu begrüßen. Von besonderer praktischer Bedeutung dürften dabei insbesondere die Anforderungen an ein Innerbetriebliches Kontrollsystem für Steuern (Tax Compliance-System) sein, welches als Indiz gegen das Vorliegen von Vorsatz und Leichtfertigkeit angesehen wird. Umso wichtiger erscheint es daher für Unternehmen, sich vermehrt mit der Implementierung adäquater Tax Compliance-Systeme auseinanderzusetzen. Ein Tax Compliance-System sollte hierbei aus einer hinreichenden Verfahrensdokumentation sowie einem ergänzenden, regelbasierten Entscheidungssystem mit Audit Trail bestehen.