Finanzgericht zweifelt an höherer Schenkungsteuer für Familienstiftungen im Ausland

Der EuGH soll entscheiden

Dieser Praxis-Tipp beschäftigt sich mit folgendem Problem: Das sog. Steuerklassen-Privileg für Familienstiftungen (Anwendung der Steuerklasse I) ist auf inländische Stiftungen beschränkt. Die Stifterin ist dagegen der Ansicht, dass diese Beschränkung gegen die europäische Kapitalverkehrsfreiheit verstößt und dass das Steuerklassenprivileg erweiternd auch auf ausländische Stiftungen angewendet werden muss. Das von ihr angerufene FG Köln hat die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Auch die Richterinnen und Richter bezweifeln, dass die Ungleichbehandlung der Liechtensteiner Stiftung europarechtlich gerechtfertigt ist (Beschluss vom 30.11.2023 - 7 K 217/21).

Steuerrechtlicher Rahmen

§ 15 Abs. 2 ErbStG beschreibt die Fortsetzung des Familiengedankens für sog. Familienstiftungen. Sind bei einer Stiftung Familienmitglieder zu mehr als 25% bezugs- oder anfallsberechtigt und werden die weiteren Merkmale der „wesentlichen“ Familieninteressen (z. B. bei Einfluss eines Familienmitgliedes auf die Geschäftsbeziehung der Stiftung) erfüllt, erfolgt die Besteuerung bei Errichtung der Familienstiftung nicht nach der für juristische Personen geltenden Steuerklasse III, sondern nach dem Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Erblasser. Dies gilt entsprechend auch im Falle der Errichtung einer Stiftung unter Lebenden. Die Rechtsfolge des Abs. 2 S. 1 besteht darin, dass sowohl für die Steuerklasse als auch für den Freibetrag nach § 16 die Steuerklasse des entferntest Bezugsberechtigten zugrunde zu legen ist. Bei der Frage des Bezugsberechtigten steht die Finanzverwaltung übrigens auf dem Standpunkt, dass bei Festlegung der Steuerklasse nicht allein auf die lebenden Bezugsberechtigten, sondern auch auf künftige nach der Stiftungsurkunde Bezugsberechtigte abzustellen ist. Wird die Bezugsberechtigung nach der Satzung zunächst auf Personen der Steuerklasse I beschränkt und später auf einen erweiterten Personenkreis abgeändert, sieht die Finanzverwaltung darin die Errichtung einer neuen Stiftung.

 Urteilsfall

 Eine in Deutschland lebende Stifterin hatte in Liechtenstein nach dortigem Recht eine Familienstiftung errichtet. Begünstigte der Stiftung sind die Kinder und Enkelkinder der Stifterin. Für die zugewandten Gelder reichte sie eine Schenkungsteuererklärung ein, in der sie die Schenkungsteuer unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 200.000 Euro sowie eines Steuersatzes von 19% nach Steuerklasse I berechnet haben wollte. Das Finanzamt ging von deutlich anderen Zahlen aus, weil es die Schenkungsteuer ohne Berücksichtigung des sogenannten Steuerklassenprivilegs festsetzte. Es kam so auf einen Freibetrag von nur 20.000 Euro und wandte einen Steuersatz von 30% nach Steuerklasse III an. Das Steuerklassenprivileg gemäß § 15 Abs. 2 ErbStG besagt, dass sich der Steuersatz nach dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen den von der Stiftung begünstigten Personen und der stiftenden Person richtet.

 Der steuerpflichtige Erwerb ist nach strenger Lesart des Gesetzes in der Steuerklasse III zu besteuern. Die Steuerklassen I oder II kommen nicht zur Anwendung. § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG, wonach für Stiftungen, die wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet wurden (Familienstiftung), das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Schenker (Stifter) bei der Ermittlung der Steuerklasse zugrunde zu legen ist, ist im Streitfall nicht anwendbar. Zwar handelt es sich bei der Klägerin nach ihrem Stiftungszweck und ihrer Satzung unstreitig um eine Familienstiftung i. S. des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG, da das Wesen der Klägerin nach der Satzung und dem Stiftungsgeschäft darin besteht, der Familie der Stifterin zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen zu nutzen und die Stiftungserträge aus dem gebundenen Vermögen an sich zu ziehen. Eine Anwendung der Privilegierung des § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG scheidet nach geltendem nationalen Recht im Streitfall aber gleichwohl aus, weil die Klägerin als nach liechtensteinischem Recht gegründete liechtensteinische Stiftung mit Sitz und Geschäftsleitung in Z nicht im Inland errichtet wurde.

Folgerungen für die Praxis

Entsprechende Fälle sind mit Einspruch unter Verweis auf diesen Beschluss offen zu halten. Schon das FG Hessen hatte in einer ähnlichen Konstellation zu Gunsten des Steuerpflichtigen entschieden (Hessisches FG, Urteil vom 7.3.2019 10 K 541/17). Im Übrigen wird stets zu prüfen sein, ob eine deutsche Familienstiftung nicht vorzugswürdig ist. Steuerliche Gründe sprechen eher selten für den Einsatz einer Liechtensteiner Familienstiftung.