Der deutsche Mittelstand – eine Erfolgsgeschichte

Die EU-Definition eines KMU (kleines bis mittleres Unternehmen) als Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten und bis EUR 50 Millionen Umsatz pro Jahr wird allerdings dem Begriff „Mittelstand“ aus unserer Sicht nicht vollständig gerecht. Denn zum Mittelstand rechnet sich der lokale Handwerksmeister ebenso wie das weltweit agierende Unternehmen mit Umsätzen weit über einer Milliarde EUR.

Was sind nun die Kennzeichen, die den Deutschen Mittelstand prägen? Bei der Suche nach einer Antwort sind u. E. insbesondere die Kriterien heranzuziehen, die einen speziellen Unternehmertypus kennzeichnen. Der Erfolg des Mittelstandes basiert demzufolge gerade nicht auf einer spezifischen Größenordnung des Unternehmens, sondern vielmehr auf besonderen Eigenschaften derjenigen Menschen, die die maßgeblichen unternehmerischen Entscheidungen treffen. „Mittelständler zu sein ist eine Geisteshaltung, die die Unternehmenskultur positiv beeinflusst.“ Hierzu folgende Beispiele:

  • Die Entscheidungsträger eines mittelständischen Unternehmens sind in ihrem Unternehmen zumeist selbst in erheblichem Umfang investiert und tragen somit das wesentliche Unternehmerrisiko, was in der Regel grundsätzlich zu einem weit überdurchschnittlichen persönlichen Engagement führt. „Nur selten wird freitags die Tür zugemacht und einfach nicht mehr an den Betrieb gedacht“.

  • Mittelständler sind typischerweise mit hohem Eigenkapital finanzierte (Familien-)Gesellschaften, die sich in Bezug auf ihre unternehmerischen Erfolge und Risiken nicht gegenüber fremden Dritten rechtfertigen müssen. Daraus ergeben sich u. U. vorteilhafte Freiheiten für das Management, wie bspw. Möglichkeiten zur kurzfristigen Umsetzung unternehmerischer Entscheidungen, Freigabe hoher Budgets für das stetige Streben nach technischer Marktführerschaft und der hierfür notwendigen Investitionen sowie Mut zu Innovationen und Investitionen mit nur langfristigem Return of Investment.

  • Das mittelständische Unternehmen ist meist eng mit der Geschichte der lokal verwurzelten Gesellschafterfamilie(n) und deren Umfeld verknüpft. Betriebswirtschaftliche Aspekte stehen oft gleichrangig neben der Verantwortung für die Mitarbeiter und für die Region, weshalb das Ansehen der Familie eine wesentliche Rolle spielt. Die Unternehmen unterstützen daher nicht selten Vereine oder soziale Initiativen an ihrem Heimatsitz. Dieses besondere Verhältnis zu Region und Umfeld führt häufig zu bemerkenswert fruchtbaren Beziehungen zwischen Unternehmen und Belegschaft oder sonstigen Stakeholdern.

Die besondere Herausforderung für den Mittelstand besteht nun darin, langfristig sicherzustellen, dass die vorgenannten mittelstandstypischen Strukturen den unternehmerischen Erfolg intensivieren und nicht genau das Gegenteil verursachen und dadurch das Unternehmen gefährden. Beispiele für solche Gefährdungen sind vielfältig bekannt: unprofessionelles Management von Wachstum, ungelöste Nachfolge, Fehlen einer selbstbewussten zweiten Management-Ebene, Blockaden aufgrund eines Streits in der Gesellschafterfamilie usw. Auch größere mittelständische Unternehmen sind vor solchen gravierenden Gefahren und Fehlern nicht gefeit; denn einerseits fehlen ihnen oft wirksam funktionierende Kontrollinstanzen, wie z. B. ein professionell besetzter Aufsichtsrat/Beirat, der zu wesentlichen Geschäftsführungsmaßnahmen seine Zustimmung zu erteilen hat; andererseits sind mittelständische Unternehmen oftmals sehr schlank aufgestellt, weshalb die Geschäftsführung oftmals „im Alleingang“ komplexe Entscheidungen zu treffen hat, ohne firmeninterne Experten aus Controlling, Rechts- oder Steuerabteilung zu Rate ziehen zu können.

Ausrichtung einer Beratungsgesellschaft am Bedarf des Mittelstandes

Wie sollte nun eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft aufgestellt sein, um bei einem typischen mittelständischen Unternehmen als „idealer“ Begleiter für eine langfristige erfolgreiche Entwicklung und Zusammenarbeit zu agieren?

Die wichtigste Voraussetzung ist u. E., dass dem mittelständischen Unternehmen als Beraterpersönlichkeiten gleichzeitig sowohl

  • „Generalisten“ als auch

  • verschiedene „Spezialisten“ aus einem großen Spektrum diverser Fachgebiete

zur Verfügung stehen.

Die Hauptfunktion des Generalisten besteht als Beraterpersönlichkeit darin, stets den Überblick über die verschiedenen betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Auswirkungen bzw. Risiken des unternehmerischen Handelns zu behalten. Der Generalist sollte entsprechend als erster Ansprechpartner für Geschäftsführung, Beirat oder Gesellschafter fungieren und dabei stets in der Lage sein, als wertvoller Sparringspartner die langfristige strategische Entwicklung des Unternehmens unter den Gesichtspunkten Finanzen, Steuern, Recht, Risikomanagement und Compliance zu begleiten. Als „Alleskönner“ kann er sehr gutes Wissen in den Bereichen Wirtschaftsrecht, Steuerrecht, Rechnungslegung und allg. BWL, gepaart mit langjähriger Erfahrung im Umgang mit dem Unternehmertypus „Mittelständler“, vorweisen. Dabei gilt es unternehmerisch zu denken und stets wichtige Themen von den unwichtigen zu trennen. Auch sind ein gesunder Menschenverstand, analytisches Denken, strategische Kompetenz und Konfliktfähigkeit für seine Beratungstätigkeit „auf Augenhöhe“ entscheidende Faktoren. Insofern ist ein Generalist zudem auch in der Lage, bei Bedarf als Mittelsmann zwischen Unternehmen und Gesellschafter(familie) zu agieren.

Für eine qualitativ hochwertige Umsetzung einzelner Beratungsprojekte ist es jedoch zugleich essentiell, dass der Generalist - ohne große Hürden überwinden zu müssen - in der Lage ist, jederzeit Kollegen aus den jeweils geforderten „Spezialdisziplinen“ (Spezialisten) hinzuzuziehen, mit diesen zusammenzuarbeiten und ggf. ein interdisziplinäres Spezialisten-Team zu koordinieren. Idealerweise arbeiten diese Spezialisten in der gleichen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, sodass die Hinzuziehung keine Konkurrenzsituation auslöst und die reibungslose Zusammenarbeit im Team gewährleistet ist. So werden auf die konkreten Beratungsaufgaben zugeschnittene individuelle Lösungen erarbeitet, denn Standardlösungsansätze „aus der Schublade“ führen in den allermeisten Fällen nicht zu einer in diesem Sinne vollumfassenden Zufriedenheit bei den mittelständischen Mandanten.

Eine Beratungsgesellschaft, die optimal für die spezifischen Themen und Anforderungen, die Mittelständler (Unternehmen und Unternehmer) aus unterschiedlichsten Branchen, mit verschiedenen Rechtsformen und Gesellschafterstrukturen bewegen, aufgestellt sein will, sollte dabei – neben den klassischen Beratungsfeldern wie bspw. Ertrag- und Umsatzsteuer - idealerweise insbesondere folgende Themen mit Expertenwissen besetzen können:

  • Internationalisierung (Beteiligungscontrolling, Konzern, Konsolidierung)

  • Internationales Steuerrecht, Transfer Pricing

  • Nachfolge (Erbrecht, Erbschaftsteuer)

  • Transformationsberatung/Prozessberatung (i. V. m. Digitalisierung)

  • Unternehmensstruktur (Steuerstrukturierung & Steuerplanung, Umwandlungsrecht, Umwandlungssteuerrecht, Gesellschaftsrecht)

  • Corporate Finance (Transaktionsberatung, Finanzierung, Bewertung, Insolvenzrecht)

  • Vermögensanlagen und -controlling

  • NPO und Stiftungen (insb. Familienstiftungen)

Die Beratung in diesen einzelnen Spezialbereichen erfordert durchgehend einen konsequent interdisziplinären Ansatz: Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer arbeiten eng zusammen, sodass durch die gelebte Interdisziplinarität Bruchstellen zwischen den jeweils geforderten Beratungsgebieten und damit in der Folge Schnittstellenverluste, Kommunikationslücken und daraus resultierende Mehrfachkosten vermieden werden. Gestützt werden diese Ausführungen nicht zuletzt auch durch die Untersuchungen von Lünendonk aus den vergangenen Jahren, in denen die These „Wir setzen auf Multidisziplinarität, weil die Mandanten eine integrierte Beratung einfordern“ bei den befragten Beratungsunternehmen regelmäßig eine überwältigende Zustimmung erfährt.

Einen zusätzlichen Aspekt im Sinne der Interdisziplinarität stellt die immer wieder diskutierte Frage nach der Vereinbarkeit von Prüfung und Beratung dar. Hier gelten in Deutschland im internationalen Vergleich etwas weniger strenge Regeln. Derzeit gilt: Solange es sich nicht um Unternehmen von öffentlichem Interesse (sog. PIE) handelt, ist die Abschlussprüfung mit der gleichzeitigen Übernahme steuerberatender und/oder rechtsberatender Tätigkeiten unter gewissen Einschränkungen und Einhaltung definierter Grenzen ausdrücklich zulässig. Der Vorteil liegt auf der Hand: Die aus der Prüfung gewonnen Kenntnisse können 1:1 in die Beratungstätigkeit einfließen und erlauben somit eine sehr effiziente Beratung sowie eine für das Unternehmen vorteilhafte, weil kostengünstige Reduzierung von Informations-Schnittstellen. Dies gilt natürlich nur dann, wenn die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in der Lage ist, Prüfer und Berater zu einem erfolgreich zusammenarbeitenden Team zu vereinen. U.E. stellt daher die Möglichkeit, Prüfung und Beratung zu kombinieren, eine weitere günstige Rahmenbedingung und damit einen Baustein für den Erfolg des Deutschen Mittelstands dar.

Fazit:

Der Erfolg des Deutschen Mittelstandes basiert insbesondere auf den in den Unternehmen tätigen Entscheidungsträgern, also einem besonderen Unternehmertypus. Dabei sind die Unternehmen aufgrund ihrer mittelstandstypischen Strukturen besonders erfolgreich, aber auch besonderen Herausforderungen ausgesetzt. Die optimale Beratung mittelständischer Unternehmen (und Unternehmer) erfordert einen konsequent gelebten interdisziplinären Ansatz in Form einer strukturierten Teamarbeit von Generalisten und Spezialisten aus den Gebieten Steuerberatung, Rechtsberatung und Wirtschaftsprüfung.