Mauscheln mit Architekt oder Bauunternehmer kann teuer werden!

Real Estate Praxistipp: OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2020 - 22 U 73/20

„Das machen wir ohne Rechnung.“ Auf diese Weise kann der Auftragnehmer seine Leistung ohne Umsatzsteuer preisgünstiger als seine Wettbewerber anbieten. Außerdem erspart er sich die Ertragsteuer auf die nicht verbuchten Gewinne. Der Auftraggeber hofft auf eine Reduzierung seiner Kosten. Doch § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) verbietet den Abschluss eines Werkvertrags mit Regelungen, die – wie etwa sog. „Ohne-Rechnung-Abreden“ – dazu dienen, dass eine Vertragspartei ihre steuerlichen Pflichten im Zusammenhang mit der vereinbarten Werkleistung nicht erfüllt. Verstößt der Auftragnehmer vorsätzlich gegen dieses Verbot, können die Folgen für beide Parteien gravierend sein, wenn der Auftraggeber diesen Verstoß (er)kennt und ihn bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt.

Der Fall:

Ein Architekt erbringt bis September 2016 Planungsleistungen für einen Neubau. Zur Auftraggeberin steht er schon lange in laufenden Geschäftsbeziehungen. Absprachegemäß sollen seine Planungsleistungen von der Auftraggeberin durch eine geringe Zahlung und umfangreiche unentgeltliche Bauleistungen am Privathaus des Architekten vergütet werden. Eine Rechnung soll jedenfalls nicht vor Abschluss der Arbeiten der Auftraggeberin am Privathaus des Architekten gestellt werden. Die Auftraggeberin leistet ohne Rechnung eine Abschlagszahlung in Höhe von € 35.800. Dann kommt es zwischen den Parteien zum Streit. Im Mai 2017 kündigt die Auftraggeberin den Planervertrag, ohne Bauleistungen am Privathaus des Architekten erbracht zu haben oder dies danach noch zu tun. Daraufhin stellt der Architekt der Auftraggeberin erstmals im Juni 2017 Rechnungen über insgesamt weitere € 180.200,00. Als die Auftraggeberin die Zahlung unter Berufung auf Gegenrechte verweigert, erhebt er Klage auf Zahlung dieser weiteren Vergütung. Das Gericht weist seine Klage auch in zweiter Instanz ab und begründet dies so:

 

  • Erbringt ein Architekt planerische Leistungen für einen Um- oder Neubau und damit eine steuerpflichtige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG).

  • Stellt der Architekt keine Rechnung aus oder vereinbaren die Parteien einen Aufschub der Rechnungsstellung, ist der Architektenvertrag gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nichtig. Dem Architekten steht dann kein Anspruch auf Honorar zu.

  • Dass mehrere Indizien für Schwarzarbeit sprechen, kann dazu Anlass geben, einen Verstoß gegen das Schwarzarbeitsverbot selbst dann anzunehmen, wenn keine Partei sich auf eine solche Abrede beruft oder eine solche von den Parteien geleugnet wird.

PSP-Praxistipps:
  • Auch vor Vereinnahmung von Abschlagszahlungen besteht die steuerrechtliche Pflicht des Auftragnehmers zur Rechnungsstellung (§ 14 Abs. 5 S. 1 UStG). Die Entlohnung ohne Rechnungsstellung stellt regelmäßig auch einen Verstoß des Auftragnehmers gegen seine Erklärungs- und Anmeldungspflichten gem. § 25 Abs. 3 EStG und § 18 Absätze 1 und 3 UStG dar.

  • Neben dem Risiko, wegen einer Steuerverkürzung oder gar Steuerhinterziehung strafrechtlich belangt zu werden (mit daraus möglicherweise resultierenden Folgen für seine Berufs- bzw. Gewerbeerlaubnis vor allem nach § 35 GewO, bei Architekten u.U. auch disziplinar- und standesrechtlichen Konsequenzen), muss der Auftragnehmer fürchten, seine als Schwarzarbeit erbrachte Leistung nicht bezahlt zu bekommen:

  • Vertragliche Vergütungsansprüche des Auftragnehmers scheiden wegen der Nichtigkeit des Vertrages aus.

  • Ein Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag steht ihm ebenfalls nicht zu. Denn im Hinblick auf den mit der Ausführung des Geschäfts verbundenen Verstoß gegen das Verbotsgesetz des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG durfte er seine Aufwendungen nicht für erforderlich halten.

  • Der ohne Erteilung einer Rechnung leistende Auftragnehmer kann auch nicht nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB) Wertersatz verlangen. Zwar hat er seine Leistungen zur Erfüllung eines nichtigen Werkvertrags und damit ohne wirksame Rechtsgrundlage erbracht. Der Auftragnehmer hat jedoch gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Deshalb ist sein Wertersatzanspruch ausgeschlossen (§ 817 Satz 2 BGB).

  • Ist die Leistung des Architekten oder Bauunternehmens mangelhaft, kann der Auftraggeber wegen der Nichtigkeit des Vertrages grundsätzlich keinerlei Gewährleistungsansprüche geltend machen. Eine mit der Vereinbarung von Schwarzarbeit bezweckte Vergütungsersparnis kann teuer erkauft sein, wenn der Auftraggeber selbst bei folgenschweren Fehlern des Auftragnehmers auf den durch sie verursachten Schäden sitzenbleibt.

  • Der gesamte Architekten- oder Bauvertrag wird auch dann von Anfang an nichtig, wenn die Vertragsparteien erst nachträglich und/oder nur in Bezug auf einen Teil der Vergütung eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ treffen.