Neuer Anlauf zur Standardisierung des steuerlichen Datenexports

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts möchte das Bundesministerium der Finanzen der Außenprüfung „unter die Arme greifen“. Konkret soll eine vom Steuerpflichtigen zu realisierende einheitliche digitale Schnittstelle und Datensatzbeschreibung den Export und die (automatisierte) Prüfung aufbewahrungs­pflichtiger bzw. steuerrelevanter Daten für die Finanzverwaltung erheblich vereinfachen und beschleunigen. Dabei ist der Vorschlag eines deutschen SAF-T (Standard Audit File Tax) nicht neu. Noch vor nicht allzu langer Zeit, genauer gesagt im Jahressteuergesetz 2020, ist die Einführung eines § 147b AO vor allem am Widerstand der Wirtschaft sowie diverser Verbände gescheitert. Ob die neue Formulierung nun die Wirtschaft überzeugen wird, bleibt abzuwarten. Ausschlaggebend dafür dürften vornehmlich zwei Punkte sein: Zum einen sollte die Standardisierung nicht nur die Finanzverwaltung, sondern auch die Wirtschaft entlasten. Zum zweiten müsste der zu etablierende Standard auch Automatisierungspotenziale im Unternehmen heben; etwa, indem Daten medienbruchfrei und damit einfacher verarbeitet und ausgewertet werden können.

Geplante Änderung

Aber nun die geplante Änderung im Detail: Nach § 147b AO-E soll das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt werden, durch Rechtsverordnung eine einheitliche digitale Schnittstelle und Datensatzbeschreibung für den standardisierten Export von aufbewahrungspflichtigen Daten zu bestimmen. Dabei kann in der Rechtsverordnung auch eine Pflicht zur Implementierung und Nutzung der jeweiligen einheitlichen digitalen Schnittstelle oder Datensatzbeschreibung für den standardisierten Export von Daten bestimmt werden. Das Bundesfinanzministerium scheint damit auf die Kritik der Wirtschaftsverbände zu der ursprünglichen Formulierung des § 147b AO-E in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2020 eingegangen zu sein. Die im damaligen Wortlaut noch verankerte und vehement kritisierte Ermächtigung zur Einführung einer „standardisierten Speicherung von Daten“ ist in der aktuellen Entwurfsfassung nicht mehr enthalten. Damit sollte man der Wirtschaft die Sorge genommen haben, dass die Finanzverwaltung Datenverarbeitungssysteme und Datenstrukturen auf eine bestimmte Technologie, Architektur oder auf einen Stand der Technik „bis auf weiters“ durch eine Rechtsverordnung, deren Erlass im Übrigen keiner parlamentarischen Kontrolle mehr unterliegt, festschreibt. Ob die Verbände und die Wirtschaft eine Ermächtigung zur Festlegung einer Standardisierung des Datenexports durch die Finanzverwaltung (ohne Einflussnahme der betrieblichen Praxis) begrüßen werden, bleibt abzuwarten, insbesondere nach den eher durchwachsenen Erfahrungen im Umfeld von Kassensystemen. Zu klären wird dabei insbesondere sein, welche steuerrelevanten Daten von der Pflicht zum standardisierten Export erfasst sind. Elektronische Unterlagen, wie Buchungsbelege, Rechnungen oder Geschäftsbriefe in elektronischer Form, sollten hiervon sicherlich ausgenommen sein. Auch ist es fraglich, wie eine einheitliche Schnittstelle bei Vor- und Nebensystemen, die zumeist nach den individuellen Bedürfnissen der Unternehmen angefertigt wurden, gefunden werden soll.

Vorgeschlagene Neufassung

Wesentlich brisanter als die Neuregelung des § 147b AO-E selbst, könnte aber die vorgeschlagene Neufassung des § 158 AO-E diskutiert werden. § 158 AO regelt die Beweiskraft der Buchführung; kurz gesagt, ob die betreffende Buchführung der Besteuerung zugrunde zu legen ist oder ob der Finanzverwaltung aufgrund von bestimmten Verfehlungen in der Buchführung Schätzungsbefugnisse zur Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrund­lage eingeräumt sind. Nach der Neufassung des § 158 AO-E sind Bücher und Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen dann nicht der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit die elektronischen Daten nicht nach der Vorgabe der einheitlichen digitalen Schnittstelle des § 147b AO in Verbindung mit der jeweiligen Rechtsverordnung zur Verfügung gestellt werden. Insofern würden der Finanzverwaltung Schätzungsbefugnisse eingeräumt sein, auch wenn die betreffende Buchführung den übrigen Ordnungsmäßigkeitskriterien nach den §§ 140 bis 148 AO formal entsprechen sollte und es nur an dem (technischen) Export der Daten über die einheitliche digitale Schnittstelle mangelt. Im Übrigen: Dieses scharfe Schwert der Schätzungsbefugnis soll zukünftig nicht nur die einheitliche digitale Datenschnittstelle nach § 147b AO-E betreffen, sondern auch Verfehlungen bei der bereits bestehenden digitalen Lohnschnittstelle (DLS) und der sog. DSFinV-K, also der einheitlichen digitalen Schnittstelle beim Einsatz elektronischer Kassensysteme. Ob die Wirtschaftsverbände diese Neuregelung begrüßen werden, ist angesichts der ohnehin bestehenden Komplexität der (technischen) Implementierung einer einheitlichen digitalen Schnittstelle im Unternehmen und der Heterogenität der genutzten Systeme und Datenlandschaften in der deutschen Wirtschaft alles andere als zu erwarten.

Eine weitere geplante Änderung im Gesetzentwurf kann als echte Erleichterung für alle Unternehmen gewertet werden, die Cloud-Anwendung und/ oder Cloud-Archivlösungen nutzen, deren Daten- bzw. Rechenzentren außerhalb der europäischen Union liegen. Die bisherige in § 146 Abs. 2b AO geregelte Antragspflicht zur Buchführungsverlagerung in einen Drittstaat sieht vor, dass der Steuerpflichtige der Finanzbehörde den konkreten Server-Standort sowie den Namen und die Anschriften des Betreibers des Datenverarbeitungs­systems im Rahmen der Antragstellung mitteilen muss. Nach § 146 Abs. 2b AO-E  soll zukünftig die Nennung des konkreten Server-Standortes entfallen. So soll es ausreichen, wenn der Name und die Anschrift des Betreibers der Cloud-Lösung mitgeteilt wird. Diese Änderung ist sicherlich mehr als zu begrüßen. Dies gerade deswegen, weil Cloud-Anbieter aus Sicherheitsgründen regelmäßig nicht den konkreten Server-Standort (Ort und Straße) offenlegen und es damit für den Steuerpflichtigen bislang faktisch unmöglich war, diesen gegenüber der Finanzbehörde konkret zu benennen.

Schließlich enthält der Referentenentwurf auch eine Änderung im Bereich des sog. Datenzugriffs (§ 147 Abs. 6 AO), die durchaus zu begrüßen ist. Neben einer Neustrukturierung der Vorschrift, die die bislang nur eingeschränkt ersichtliche Abgrenzung der Zugriffsarten (Z1 bis Z3) durch eine transparente Gliederung ersetzt, soll der Z3-Zugriff nach § 147 Abs. 6 AO-E zukünftig nicht mehr auf eine Datenüberlassung per Datenträger (z. B. DVD, USB-Stick oder Festplatten) beschränkt sein. Die geplante offene Formulierung, dass „die Daten“ an die Finanzbehörde schlicht „übertragen“ werden müssen, legt nunmehr (längst überfällig) die gesetzliche Grundlage, steuerliche Daten auch über kommerzielle Datenaustauschplatt­formen bereitzustellen.

Fazit

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass es gerade bei der Einführung einer einheitlichen digitalen Schnittstelle für den Export steuerrelevanter Daten für Prüfungszwecke spannend bleibt. Welchen Einfluss die Wirtschaftsverbände diesmal im Gesetzgebungsverfahren ausüben können, ist schwer abzuschätzen. Trotz aller berechtigter Einwände der Wirtschaft sollte eins nicht aus den Augen verloren werden: In Zeiten knapper personeller Ressourcen ist es aus Verwaltungssicht nahezu unumgänglich, auch Betriebsprüfungsprozesse zu automatisieren. Zudem kann eine standardisierte steuerliche Datenschnittstelle auch für die Unternehmen eine Chance darstellen, die eigenen steuerlichen Daten zukünftig mit weniger Aufwand als bisher zu verarbeiten und auszuwerten. Deshalb sollte die technische Definition der einheitlichen digitalen Schnittstelle und das dem Export zugrunde liegende inhaltliche Datenschema in enger Abstimmung mit den Wirtschaftsverbänden erarbeitet werden.