Wer trägt die Kosten tatsächlich nicht erforderlicher Mängelbeseitigungsmaßnahmen?

Real Estate Praxistipp zu OLG Celle, Urteil vom 12.05.2016; Az. 16 U 131/15; nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH-Beschluss vom 26.09.2018, Az. VII ZR 156/16, rechtskräftig

Kommt der Auftragnehmer der Aufforderung nicht nach, Mängel seiner Leistung binnen einer ihm gesetzten Frist zu beseitigen, ist der Auftraggeber meist gezwungen, die Nachbesserung im Wege der Ersatzvornahme durch Dritte selbst zu bewirken und den Auftragnehmer auf Erstattung der hierfür anfallenden Kosten in Anspruch zu nehmen. Doch welche Risiken ergeben sich für den Auftraggeber, wenn sich später herausstellt, dass die von ihm beauftragte Mängelbeseitigungsmaßnahme tatsächlich nicht geeignet oder im beauftragten Umfang nicht erforderlich war?

Mit der Thematik des sogenannten Prognoserisikos hatte sich der BGH kürzlich erneut zu beschäftigen.

Der Fall:

Unter anderem wegen Undichtigkeiten eines Daches leitet der Bauherr ein selbstständiges Beweisverfahren ein. Der gerichtlich bestellte Sachverständige bestätigt in seinem Gutachten vom 09.05.2006 die Notwendigkeit der kompletten Neueindeckung des Daches. Der Bauherr fordert daraufhin den Auftragnehmer unter Fristsetzung auf, die Mängel seiner Leistung auf diese Weise zu beseitigen. Nach fruchtlosem Verstreichen der Frist lässt der Bauherr diese umfassende Maßnahme im Jahr 2010 im Wege der Ersatzvornahme durch ein anderes Unternehmen ausführen. Der die Sanierungsarbeiten begleitende Sachverständige nimmt danach in einem weiteren Gutachten vom 27.12.2010 von seiner ursprünglichen Einschätzung Abstand und stellt nun fest, eine vollständige Neueindeckung des Daches sei nicht erforderlich gewesen. Unter Berufung darauf verweigert der Auftragnehmer die Erstattung der vom Bauherrn hierfür aufgewendeten Kosten von € 580.000,00. Im Ergebnis jedoch ohne Erfolg:

  • Nach ständiger Rechtsprechung trägt der Auftragnehmer das von ihm selbst durch mangelhafte Werkleistung und Verweigerung der fristgemäßen Nachbesserung geschaffene Risiko, dass sich die vom Auftraggeber ergriffenen Maßnahmen bei einer nachträglichen Bewertung als nicht erforderlich erweisen. Voraussetzung ist jedoch, dass sich die Maßnahmen des Auftraggebers im Rahmen dessen halten, was ein verständiger und wirtschaftlich denkender Bauherr aufgrund sachkundiger Beratung für erforderlich halten durfte.

  • Lässt der Bauherr die Maßnahmen bereits durchführen, bevor das selbstständige Beweisverfahren vollständig abgeschlossen ist, kann ihm eine spätere Änderung der Beurteilung durch den Gutachter jedenfalls dann nicht zum Nachteil gereichen, wenn ihm ein weiteres Zuwarten mit der Mängelbeseitigung nicht mehr zumutbar war.

PSP-Praxistipp:

Mit dieser Entscheidung bestätigen das OLG Celle und der BGH die bisherige Rechtsprechung, die das Prognoserisiko hinsichtlich der Verpflichtung zur Tragung der Mängelbeseitigungskosten grundsätzlich dem mangelhaft leistenden Auftragnehmer zuweist.

Aus dieser Rechtsprechung lässt sich aber nicht ableiten, man könne auch die Herausgabe einer Gewährleistungssicherheit unter Berufung auf die von einem Gutachter zu hoch geschätzten Mängelbeseitigungskosten zu verweigern. In seinem Urteil vom 26.03.2015 – VII ZR 92/14 – hat der BGH ein Recht zur Einbehaltung von Bürgschaften im Ergebnis für den Fall verneint, dass ein gerichtlich beauftragter Sachverständiger die Mängelbeseitigungskosten zunächst sehr hoch einschätzt. Das Risiko einer Fehleinschätzung im Zusammenhang mit der Herausgabe von Gewährleistungssicherheiten und sich daraus ergebender Verzugsschadensersatzansprüche des Auftragnehmers trägt also der Auftraggeber.