Bauvertragliche Pflichten bei Kontamination des Erdaushubs

Bauvorhaben auf Flächen, die Altlasten aufweisen (können), stellen Bauherren, Architekten und Bauunternehmer regelmäßig vor besondere Herausforderungen. Eine korrekte Klassifizierung des Bodenaushubs und die den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechende Entsorgung kontaminierten Erdreichs ist mit erheblichen Kostenrisiken verbunden. Bei der Gestaltung von Bauverträgen und Leistungsbeschreibungen ist es daher sehr sorgfältig zu klären, in wessen Verantwortungsbereich welche zu erfüllenden Mitwirkungshandlungen fallen und wann sie auf wessen Kosten zu erbringen sind.

Der Fall:

Die Bauherrin schreibt Kanal- und Straßenbauarbeiten aus. Laut Ausschreibungsunterlagen wird u. a. ein Bodengutachten Vertragsbestandteil. In ihm wird empfohlen, den gesamten Aushub als „gefährlichen Abfall“ zur Entsorgung auf einer Deponie der Klasse DK II auszuschreiben. Tatsächlich ausgeschrieben wird jedoch der Aushub nur zum Teil als gefährlicher Abfall und zum Teil als solcher der Deponieklasse DK I. Auf dieser Grundlage wird der günstigste Anbieter beauftragt. Dieser hält den vereinbarten Termin für den Baubeginn nicht ein, sondern zeigt wiederholt Behinderung der Ausführung an: Die Trennung der Böden in die Zuordnungsklassen DK I und II sei nur nach Anweisung eines baubegleitenden Bodengutachters möglich. Wegen Verweigerung der Arbeitsaufnahme kündigt die Bauherrin den Bauvertrag fristlos. Dem vom Auftragnehmer geltend gemachten Vergütungsanspruch hält sie entgegen, er selbst hätte offene Fragen zur Entsorgung klären müssen, und zwar bereits im Rahmen der Ausschreibung und nicht erst nach Auftragsannahme.

Das OLG Köln sieht das anders. Nach Ansicht des Gerichts liegt hier kein pflichtwidriger Verstoß des Auftragnehmers gegen das Kooperationsgebot vor, der eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gerechtfertigt hätte. Begründet wird dies wie folgt:

  • Der Bauherr darf dem Auftragnehmer nichts abverlangen, was diesen der Gefahr einer Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit aussetzt. Bei Erdarbeiten begründet der Transport nicht oder nur unzureichend beprobten kontaminierten Erdaushubs genau diese Gefahr.

  • Die Pflicht zur Vorlage ausreichender Bodenanalysen trifft daher den Bauherrn. Es unterliegt seiner Verantwortung, alle benötigten Beprobungen zu beauftragen und für den Fall unzureichender Analysen diese nachzuholen und dem Auftragnehmer bis zu deren Vorliegen eine geeignete Zwischenlagerungsmöglichkeit auf dem Baugrundstück zuzuweisen.

  • Ist den Ausschreibungsunterlagen nicht zu entnehmen, dass die erforderlichen Analysen vom Auftragnehmer auf eigene, den Angebotspreis maßgeblich beeinflussenden Kosten einzuholen sein sollen, muss der Auftragnehmer die Ausschreibung nicht anders verstehen.

PSP-Praxistipp:

Mit dieser Entscheidung liegt das OLG Köln auf einer Linie z. B. mit dem OLG Koblenz (Urteil vom 26.10.2012, Az. 10 U 336/11). Eine abweichende Beurteilung der Verantwortlichkeiten kann sich zwar unter Umständen dann ergeben, wenn die Ausschreibungsunterlagen keinerlei Hinweise auf eine Kontamination des Bodens enthalten und erst während der Arbeitsausführung überraschend eine Schadstoffbelastung des zur Weiterverwendung vorgesehenen Aushubs festgestellt wird (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.12.2011, Az. VII ZR 67/11). Da Unklarheiten der Leistungsbeschreibung grundsätzlich zulasten des Auftraggebers gehen, sollte die Leistungsbeschreibung jedoch insoweit eindeutige Regelungen enthalten.