Vergütung trotz Ehrenamt!? – Urteil des OVG Schleswig lässt aufhorchen!

Praxistipp Stiftungen / NPO

In diesem aktuellen PSP-Praxistipp erfahren Sie, dass die Formulierung einer Vergütungsregelung für Vorstandsmitglieder Fachwissen und Erfahrung erfordert.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig hat mit Urteil vom 21.03.2019 die Änderung einer Stiftungssatzung für unzulässig erklärt, der zufolge ein Vorstand, der sein Amt als „ehrenamtlich“ versteht, vergütet werden kann. Die Entscheidung schärft das Bewusstsein dafür, dass Vorstandsvergütungen zwingend einer Grundlage in der Satzung von Stiftungen (und Vereinen) bedürfen, – und wirft zugleich eine Reihe von Fragen auf.

Vorstandsvergütung kraft Satzungsänderung

Die Satzung einer gemeinnützigen Stiftung sah vor, dass die Mitglieder des Vorstands ehrenamtlich tätig sind. Um fortan Vergütungen zahlen zu können, sollte per Satzungsänderung eine Vergütungsregelung eingeführt werden. Über den Wortlaut dieser Regelung waren sich der Stiftungsvorstand und die Stiftungsbehörde uneins. Aufgrund drohender gemeinnützigkeitsrechtlicher Mittelfehlverwendungen wurde auch das Finanzamt in den Abstimmungsprozess über eine Vergütungsregelungen einbezogen. Auf dessen Vorschlag beschloss der Vorstand schließlich die folgende Satzungsänderung: „Die Mitglieder des Vorstands verstehen ihr Amt als Ehrenamt. Den Mitgliedern des Vorstands kann, soweit der Umfang der Geschäftstätigkeit es erfordert, eine angemessene Vergütung gezahlt werden.“ Die Stiftungsbehörde weigerte sich, diese Regelung zu genehmigen.

Keine Vergütung bei ehrenamtlicher Tätigkeit

Das OVG Schleswig gab der Stiftungsbehörde Recht: Eine solche Regelung sei nicht genehmigungsfähig. Der Inhalt der beabsichtigten Vergütungsregelung lasse sich nicht eindeutig ermitteln. Die Unklarheit ergebe sich aus der Verknüpfung einer ehrenamtlichen Tätigkeit des Vorstands mit der Möglichkeit, diesem eine Vergütung zu zahlen. Das Gericht formulierte daher den Leitsatz: „Ehrenamtliche Vorstandstätigkeit und Zahlung einer Vergütung schließen sich aus.“

Auswirkung der Entscheidung noch nicht geklärt

Wie die Praktiker im Stiftungswesen und -recht diese Entscheidung aufnehmen, ist derzeit weitgehend offen. Unstreitig dürfte sein, dass die für unzulässig erklärte Formulierung zumindest gängigen Vergütungsregelungen ähnelt. Daher stellt sich die Frage, wann genau die satzungsmäßige Vorgabe der Alternativen „Ehrenamt – Vergütung“ hinreichend klar in der Satzung geregelt sind. Nicht minder spannend ist, ob die Verpflichtung des Vorstands auf ein „ehrenamtliches“ Tätigwerden tatsächlich jede Art der Vergütung ausschließt, zumal das Steuerrecht in § 3 Nr. 26a EStG die Zahlung eines sog. Ehrenamtspauschbetrags steuerfrei zulässt. Fraglich ist des Weiteren, unter welchen konkreten Voraussetzungen eine Vergütungsregelung nachträglich in die Satzung einer Stiftung aufgenommen werden kann.

PSP-Praxistipp:

Sei es im Zuge der Errichtung von Stiftungen und Vereinen oder nachträglich auf dem Wege einer Satzungsänderung: Die Regelung der Vergütung von Mitgliedern in Stiftungs- und Vereinsorganen erweist sich häufig als fehleranfällig. Bisweilen liegt dies daran, dass Satzungsvorgaben und Anstellungsverträge nicht miteinander im Einklang stehen. Weitere „Fehlerquellen“ bestehen darin, dass Begriffe wie Ehrenamt, Aufwandsentschädigung und Tagessatz sowohl von der Praxis als auch von denjenigen, die gesetzliche oder satzungsmäßige Vorgaben erlassen (Bundes- oder Landesgesetzgeber, Stifter, Stiftungsorgane), unterschiedlich verwendet bzw. ausgelegt werden. Auch ein pauschal gezahlter Ersatz von Aufwendungen erweist sich als kritisch, wenn er verdeckt oder unerkannt zur Vergütungszahlung wird. Unzulässig gezahlte Vergütungen wirken sich nicht nur zivilrechtlich aus, sondern zeitigen in der Regel auch gemeinnützigkeitsrechtliche und gegebenenfalls strafrechtliche Konsequenzen. Die Formulierung einer Satzungsregelung, die die Zahlung einer Vergütung ermöglicht, erfordert Fachwissen und Erfahrung und sollte nicht unbedacht erfolgen.