Managementbeteiligungen: Leaver-Regelungen für Geschäftsführer auf dem Prüfstand

Praxistipp Gesellschaftsrecht - Aktuelles Urteil des Landgerichts München I stellt Praxis der Managementbeteiligungen infrage

Zum Marktstandard von Managementbeteiligungen gehören sogenannte Leaver-Regelungen, die sicherstellen sollen, dass ein Manager nur so lange Gesellschafter der von ihm geführten Gesellschaft sein kann, wie er das Unternehmen leitet. Ein aktuelles Urteil des Landgerichts München I hat nun – im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) – erneut auf die engen Grenzen solcher Instrumente hingewiesen.

Managementbeteiligungen ein klassisches Mittel zur Vermeidung von Principal-Agent-Konflikten

Die Beteiligung des Managements als Gesellschafter an der von ihm geführten Gesellschaft ist ein klassisches Mittel, um einen Gleichklang der Interessen von Managern und Gesellschaftern herzustellen. Private Equity- und Venture Capital-Investoren räumen ihren Managern fast ausnahmslos solche Managementbeteiligungen ein. Aber nicht nur Finanzinvestoren bedienen sich dieses Instruments, auch strategische Investoren und Familiengesellschaften versuchen häufig, durch Einräumung einer Minderheitsbeteiligung den Managern eines Unternehmens einen Anreiz zu setzen, durch ihre Arbeit den Unternehmenswert zu steigern.

Leaver-Regelungen zentrales Element von Managementbeteiligungen

Ein zentrales Element bei der Ausgestaltung von Managementbeteiligungen ist die Möglichkeit, dem Geschäftsführer die Stellung als Gesellschafter wieder zu entziehen, wenn seine Tätigkeit für das Unternehmen endet (sog. Leaver-Regelungen). Denn die Beteiligung des Managers an der Gesellschaft soll ja dazu dienen, ihn bei seiner Tätigkeit als Geschäftsführer im Sinne der Gesellschafter zu incentivieren. Mit seinem Ausscheiden aus der Geschäftsführung entfällt der Zweck der Managementbeteiligung.

Die am weitesten verbreitete Variante einer Leaver-Regelung sieht dabei vor, dass den übrigen Gesellschaftern das Recht eingeräumt wird, die Geschäftsanteile des ausscheidenden Geschäftsführers zu erwerben (sog. Call-Option). Regelmäßig wird dabei zwischen sog. Good-Leaver-Fällen und sog. Bad-Leaver-Fällen unterschieden. Als Good-Leaver bezeichnet man — etwas verallgemeinernd gesprochen — einen Manager, der sich vor seinem Austritt (oder anlässlich desselben) nichts hat zuschulden kommen lassen, als Bad-Leaver bezeichnet man einen Manager, dessen Verhalten eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt oder der z.B. von sich aus ohne Grund seinen Anstellungsvertrag kündigt.

Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Grundlage für die Gestaltung von Managermodellen

Zwar scheint das zwangsweise Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft gegen seinen Willen auf den ersten Blick gegen das Verbot zu verstoßen, einen Mitgesellschafter ohne sachlichen Grund aus der Gesellschaft auszuschließen (sog. Verbot der Hinauskündigung von Mitgesellschaftern). Allerdings hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2005 für den Fall einer Managementbeteiligung Ausnahmen zugelassen. Infolge dieser Leitentscheidung haben sich Managementbeteiligungen in der Praxis weitgehend durchgesetzt. Die Ausgestaltungen variieren heutzutage jedoch in der Praxis stark. Daher besteht auch 15 Jahre nach dem Grundsatzurteil des BGH noch Unsicherheit, in welchen Konstellationen genau Leaver-Regelungen nach Ansicht des BGH „sachlich gerechtfertigt“ und damit zulässig sind.

Aktuelles Urteil des Landgerichts München I unterstreicht das Gestaltungsrisiko

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts München I erhöht nun die Rechtsunsicherheit von Managementbeteiligungen. Das Gericht entschied darüber, ob eine Call-Option wirksam ausgeübt worden ist, welche ein Gesellschafter, der zugleich Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft war, seinen Mitgesellschaftern eingeräumt hatte. Soweit man dem Urteil entnehmen kann, haben sich die Mitgesellschafter nicht auf einen Bad-Leaver-Fall berufen, sondern sie haben dem Geschäftsführer ordentlich gekündigt.

Das Gericht sah in der vereinbarten Leaver-Regelung einen Verstoß gegen das Hinauskündigungsverbot und erklärte die Ausübung der Call-Option für nichtig, weil sittenwidrig. Zur Begründung führt das Landgericht München I an, dass sich der von ihm zu beurteilende Sachverhalt in mehreren Punkten von dem Sachverhalt unterscheide, in dem der Bundesgerichtshof eine Leaver-Regelung für zulässig gehalten hat. Insbesondere habe der Manager nicht nur eine sehr kleine Minderheitsbeteiligung übernommen, sondern 25% der Geschäftsanteile. Auch wertete das LG München I zulasten der anderen Gesellschafter, dass dem Geschäftsführer seine Beteiligung nicht „zu nominal“ (also in aller Regel verbilligt), sondern zu einem „echten“ Kaufpreis eingeräumt worden war.

Das Landgericht München I orientiert sich in seiner Entscheidung stark an der Leitentscheidung des BGH aus dem Jahr 2005, ohne sich die Frage zu stellen, ob eine Leaver-Regelung nicht auch in anderen Konstellationen als der vom BGH entschiedenen zulässig sein kann. Unklar bleibt in dem Urteil insbesondere, ab welcher Beteiligungshöhe des Managers eine Leaver-Regelung unzulässig werden soll. Fallgestaltungen, die von dem durch den BGH entschiedenen Sachverhalt abweichen, tragen damit immer das Risiko in sich, dass die vereinbarten Leaver-Regelungen vor Gericht für unwirksam erklärt werden könnten.

Konflikt mit dem Steuerrecht

Wie praxisfern das Urteil des LG München I ist, zeigt sich auch an der schlicht behaupteten Voraussetzung des Erwerbs der Anteile „zu nominal“. Gerade dies wird in vielen Managementbeteiligungen versucht zu vermeiden, um sich daraus ergebende schenkungsteuerliche Risiken oder ein Risiko des Lohnsteuerabzugs (und damit „dry income“ auf Seiten des Geschäftsführers) zu vermeiden. Steuer- und Gesellschaftsrecht stehen hier in einem Konflikt, der bisher keiner befriedigenden Lösung zugeführt worden ist.

Weitere Entwicklung aufmerksam zu verfolgen

Bis zu einer weiteren Klärung durch das OLG München und gegebenenfalls den Bundesgerichtshof erhöht die Entscheidung des LG München I die Rechtsunsicherheit bei der Ausgestaltung von Managementbeteiligungen. Sofern sich ein konkreter Sachverhalt – wie meist – von der durch den Bundesgerichtshof im Jahr 2005 entschiedenen Fallkonstellation unterscheidet, ist derzeit nur schwer abzuschätzen, ob die Rechtsprechung die konkrete Leaver-Regelung akzeptieren wird. Richtigerweise wird man zumindest in Bad-Leaver-Fällen genauer hinsehen müssen. Es gilt daher, die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung aufmerksam zu verfolgen. Gerne kann PSP Sie hierbei unterstützen.