Familienstiftungen im Transparenzregister

Änderung der Verwaltungsauffassung verunsichert Familienstiftungen

Die wechselnden Auffassungen des Bundesverwaltungsamts zur Erfüllung der Meldepflichten zum Transparenzregister führen zu Verunsicherung.

Die deutliche Mehrzahl der rechtsfähigen Stiftungen haben die Meldepflichten zum Transparenzregister noch nicht erfüllt. Im Fachschrifttum wird daher befürchtet, es komme zu einer „Bußgeldwelle“, so dass Stiftungen in eine „Bußgeldfalle“ tappen. Doch auch diejenigen Stiftungen, die sich ordnungsgemäß registriert und ihre wirtschaftlichen Berechtigten gemeldet haben, können sich nicht entspannt zurücklehnen. Das Register muss à jour gehalten werden. Um dieser Pflicht möglichst gut gerecht werden zu können, veröffentlicht das Bundesverwaltungsamt (BVA) als der zuständigen Behörde in regelmäßigen Abständen einen Katalog von Fragen und Antworten, dem sich auch die für Stiftungen relevante Verwaltungsauffassung entnehmen lässt. Die veröffentlichte Verwaltungsauffassung ist mitunter jedoch durchaus wechselhaft. Für Familienstiftungen führt dies derzeit zur Verunsicherung.

Neue Herausforderungen durch neue gesetzliche Vorgaben

Das im Jahr 2017 „scharf geschaltete“ Transparenzregister führte in der Rechtspraxis wegen zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffen und Formulierungen, wertungsmäßigen Unstimmigkeiten und zu Missverständnissen anregenden Gesetzesmaterialien zu einer Vielzahl an Zweifels- und Streitfragen. Dabei wurden die entsprechenden Vorgaben in das Geldwäschegesetz (GwG) eingefügt. Noch bevor sie in der Praxis längerfristig erprobt werden konnten, wurden in Umsetzung der Fünften EU-Geldwäscherichtlinie durch das „Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie“ zum 01.01.2020 bereits neue Vorgaben in das GwG eingefügt, die auch von Stiftungen zur Kenntnis genommen werden müssen (siehe zu den damit verbundenen Compliance-Anforderungen den PSP-Praxistipp).

Zur Erinnerung: Das Transparenzregister soll dazu dienen, den oder die sog. wirtschaftlichen Berechtigten (§ 3 GwG) von juristischen Personen des Privatrechts, eingetragenen Personengesellschaften und bestimmten unselbständigen Stiftungen und trustartigen Vehikeln zu erfassen, um sie mittels bestimmter Angaben der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auf diese Weise soll jede natürliche Person, in deren Inhaberschaft oder unter deren Kontrolle eine Rechtseinheit steht, identifiziert werden können. Um das damit verbundene Ziel der 4. EU-Geldwäscherichtlinie – „das Aufspüren von Straftätern“ (Begr. RegE BT-Drs. 18/11555, 88 f.) – zu erreichen, ist der jeweilige Rechtsträger dazu verpflichtet, jeweils Name, Geburtsdatum, Wohnort und Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses der einzelnen wirtschaftlich Berechtigten sowie seit 1.1.2020 auch die Staatsangehörigkeit zur Eintragung in das Register zu melden (§ 19 Abs. 1 GwG).

Überblick über die möglichen wirtschaftlichen Berechtigten

Bei rechtsfähigen Stiftungen und Rechtsgestaltungen, mit denen treuhänderisch Vermögen verwaltet oder verteilt oder die Verwaltung oder Verteilung durch Dritte beauftragt wird, werden die wirtschaftlichen Berechtigten in § 3 Abs. 3 GwG wie folgt bestimmt:

  • nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 GwG „jede natürliche Person, die als Treugeber (Settlor), Verwalter von Trusts (Trustee) oder Protektor, sofern vorhanden, handelt“; diese Bestimmung zielt auf Trusts, nicht auf Stiftungen ab.

  • nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 GwG „jede natürliche Person, die Mitglied des Vorstands der Stiftung ist“; darauf ob das Vorstandsmitglied ehrenamtlich oder hauptamtlich für die Stiftung tätig ist, kommt es nicht an. Die Regelung gilt auch für den Stifter, wenn er Mitglied des Vorstands ist.

  • nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 GwG „jede natürliche Person, die als Begünstigte bestimmt worden ist“; nähere Vorgaben dazu, unter welchen konkreten Voraussetzungen eine Person „als Begünstigte bestimmt worden ist“, enthält das Gesetz nicht; die Auslegung der Bestimmung ist daher strittig.

  • nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 GwG „die Gruppe von natürlichen Personen, zu deren Gunsten das Vermögen verwaltet oder verteilt werden soll, sofern die natürliche Person, die Begünstigte des verwalteten Vermögens werden soll, noch nicht bestimmt ist“; auch hierzu fehlen im Gesetz nähere Vorgaben dazu, unter welchen konkreten Voraussetzungen eine solche Gruppe gemeldet werden muss.

  • nach § 3 Abs. 3 Nr. 5 GwG „jede natürliche Person, die auf sonstige Weise unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss auf die Vermögensverwaltung oder Ertragsverteilung ausübt“; bei dieser Fallgruppe ist etwa an die Existenz eines „starken“ Stiftungsrats, Kuratoriums oder Beirats zu denken, dem entsprechend weitreichende Mitwirkungsrechte satzungsmäßig eingeräumt worden sind.

  • mit Wirkung ab dem 01.01.2020 nach § 3 Abs. 3 Nr. 6 GwG schließlich „jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss auf eine Vereinigung ausüben kann, die Mitglied des Vorstands der Stiftung ist oder die als Begünstigte der Stiftung bestimmt worden ist“; diese Vorschrift greift u. a. die – derzeit noch sehr seltenen – Fälle auf, in denen juristische Personen zum Vorstand einer Stiftung bestellt worden sind.

Die „Rolle rückwärts“ des BVA – Begünstigte nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 GwG als neuer Streitpunkt

Wie dargestellt zählt nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 GwG jede natürliche Person, die als Begünstigte bestimmt worden ist, zu den wirtschaftlichen Berechtigten der Stiftung.

Hierzu vertrat das BVA ursprünglich die Auffassung, dass Begünstigte im Sinne dieser Vorschrift „nur die Destinatäre sind, bei denen sich aus dem Stiftungsgeschäft ergibt, dass diese einen Anspruch auf Leistungen der Stiftung haben“ (so die FAQ des BVA zum Stand Anfang des Jahres 2018).

Im Fachschrifttum wurde es nun vereinzelt als fraglich angesehen, ob diese Auslegung nicht bereits grundsätzlich zu eng ist, weil § 3 GwG die wirtschaftlich Berechtigten erfasse und nicht nur diejenigen, die Rechtsansprüche gegen eine Stiftung haben.

Und prompt ist es nunmehr dazu gekommen, dass das BVA die „Rolle rückwärts“ machte: Nach aktueller Verwaltungsauffassung sollen natürliche Personen schon dann „als Begünstigte bestimmt worden sein“, wenn sie – auch ohne einen statutarisch oder per Vorstandsentscheidung festgelegten Anspruch auf Stiftungsleistung zu haben – durch Satzungsregelung namentlich bezeichnet oder identifizierbar sind (FAQ des BVA unter Ziff. I.3, Stand: 20.02.2020). Diese Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 3 Abs. 3 Nr. 3 GwG wird im aktuellen Fachschrifttum stark kritisiert, weil sie die legitime Anonymität familiärer Verhältnisse gefährdet. Seit dem 01.01.2020 kann nämlich die Öffentlichkeit – und damit Jedermann – in das Transparenzregister Einsicht nehmen, ohne ein berechtigtes Interesse nachweisen zu müssen.

Konsequenzen der geänderten Verwaltungsauffassung

Die veränderte Rechtsauffassung des BVA dürfte vor allem für Familienstiftungen relevant sein, da diese im Vertrauen auf den Bestand der vorherigen Verlautbarung des BVA lediglich ihre Vorstandsmitglieder sowie gegebenenfalls Destinatäre mit klagbaren Rechtsansprüchen gemeldet haben dürften (soweit letztere im Einzelfall überhaupt vorhanden sind). Diese müssen nun prüfen, ob angesichts der veränderten Verwaltungsmeinung Destinatäre nachgemeldet werden müssen. Sollte sich die neuere Verwaltungsauffassung durchsetzen, müssten schließlich auch Rahmen der Stiftungserrichtung die Auswirkungen der Transparenzpflichten auf die Satzungsgestaltung in den Blick genommen werden. Etwaige berechtigte Anliegen auf die Vertraulichkeit familiärer Strukturen könnten anderenfalls konterkariert werden.

PSP-Praxistipp

Zahlreiche Auslegungsfragen und eine schwierige technische Handhabung erschweren es Stiftungen und anderen meldepflichtigen Organisationen, das Thema Transparenzregister rechtssicher anzugehen. Wer als verantwortlicher Vorstand „seine“ Stiftung jetzt noch nicht registriert oder die in einem Vorjahr gemeldeten Daten nicht auf ihre Aktualität überprüft hat, sollte dies jedoch schleunigst tun. Eine besondere Herausforderung bildet die Erfüllung der Meldepflichten derzeit für Familienstiftungen, da die Verwaltungsauffassung zur Erfassung der Destinatäre bei Familienstiftungen jüngst verschärft worden ist.

PSP verfügt über die erforderliche Fachexpertise, Vertretungsorgane von Stiftungen und anderen meldepflichtigen Organisationen dabei zu unterstützen, Meldepflichten zu erfüllen. Diejenigen Vertreter von Stiftungen, die das Thema vertiefen wollen, sind auf den Fachaufsatz „Zur Bedeutung des Transparenzregisters für Stiftungen“ von PSP-Of Counsel Prof. Dr. Manfred Orth verwiesen, der im Non Profit Law Yearbook 2017 veröffentlicht worden ist und die Rechtsentwicklung bis zum 30.06.2018 minutiös aufzeigt.