Neue Möglichkeit der Sofortabschreibung für Computerhardware und -software

Die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz ist ein „alter Hut“ und für nahezu jeden im Bereich der Bilanzierung und der Steuern allgegenwärtig. Entsprechend sind in der Steuerbilanz stets die Werte anzusetzen, die sich aus der Handelsbilanz ergeben „es sei denn […] im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird […] ein anderer Ansatz gewählt.“ Dies gilt zunächst auch für die handelsrechtlich genannten Abschreibungen und korrespondierend steuerlich bezeichnete Absetzung für Abnutzung (kurz: AfA). Nach den handelsrechtlichen Vorschriften sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten auf die voraussichtliche Nutzungsdauer zu verteilen. Nach den ertragsteuerlichen Vorschriften wiederum bemisst sich die Absetzung nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Zur Schätzung der Nutzungsdauer werden regelmäßig die vom BMF amtlich aufgestellten AfA-Tabellen herangezogen. Trotz der unterschiedlichen Bezeichnungen in den handelsrechtlichen und steuerlichen Vorschriften ergeben sich in der Handels- und Steuerbilanz zumeist deckungsgleiche Abschreibungen.

BMF-Schreiben vom 26.02.2021

Nach den steuerlich heranzuziehenden AfA-Tabellen ist für Computerhardware sowie für Betriebs- und Anwendersoftware bisher eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von drei bis fünf Jahren anzunehmen. Mit dem Ziel der Förderung der Digitalisierung ermöglicht das BMF mit Schreiben vom 26.02.2021 dem Steuerpflichtigen nun, für Computerhardware sowie Betriebs- und Anwendersoftware eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von nur einem Jahr zugrunde zu legen. Dabei handelt es sich um ein steuerliches Wahlrecht ohne Auswirkung auf die handelsbilanzielle Darstellung.

Relevante Computerhardware und -software

Was unter Computerhardware zu verstehen ist, macht das BMF-Schreiben durch die folgende abschließende Aufzählung von Wirtschaftsgütern klar: „Computer, DesktopComputer, Notebook-Computer, Desktop-Thin-Clients, Workstations, Dockingstations, externe Speicher- und Datenverarbeitungsgeräte (Small-Scale-Server), externe Netzteile sowie Peripheriegeräte“. Diese werden durch das BMF zudem konkretisiert.

Unter die wiederrum nicht abschließende Aufzählung von Betriebs- und Anwendersoftware fallen auch „auf den individuellen Nutzer abgestimmte Anwendungen“. Dies bedeutet, dass auch Aufwendungen für Software, die auf den Steuerpflichtigen angepasst wird (in der Praxis oft als „Customizing“ bezeichnet), wie beispielsweise ERP-Software, sofort abgeschrieben werden können.

Anwendungszeitraum

Die Verkürzung der Nutzungsdauer auf ein Jahr findet erstmals für Wirtschaftsjahre, welche nach dem 31.12.2020 enden, Anwendung. Sie kann jedoch durch den Steuerpflichtigen auch für Wirtschaftsgüter, welche früher angeschafft oder hergestellt und zum 31.12.2020 noch nicht vollständig abgeschrieben wurden, angewandt werden.

Fazit

Das BMF-Schreiben ermöglicht Steuerpflichtigen die Sofortabschreibung von bestimmter Computerhardware und -software und ist damit grundsätzlich zu begrüßen. Zu beachten gilt es jedoch, dass die Nutzung der steuerlichen Sofortabschreibung zu unterschiedlichen Wertansätzen zwischen der Handelsbilanz und Steuerbilanz in den einzelnen Steuerjahren führt. So hat auch das IDW in seiner aktuellen Berichterstattung vom 22.03.2021 die Zulässigkeit einer Nutzungsdauer von nur einem Jahr abgelehnt. Das Ergebnis wird nicht selten zusätzlicher administrativer Aufwand sein, der sich etwa in Form eines zusätzlichen steuerlichen Anlageverzeichnisses oder der Bildung passiver latenter Steuern manifestiert. Damit ist wie so oft im Einzelfall zu prüfen, ob das Wahlrecht der Sofortabschreibung durch den Steuerpflichtigen genutzt werden sollte oder das Unternehmen dem Gleichlauf in Handels- und Steuerbilanz den Vorzug gibt.