Praxistipp zu neuen Anforderungen an die Compliance von Unternehmen
Der Gesetzgeber verabschiedete am späten Abend des 10.06.2021 das „Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz (TraFinG)“. Die damit verbundene Änderung im Geldwäschegesetz ist für den Unternehmensstandort Deutschland von enormer Tragweite. Die Zahl der meldepflichtigen Unternehmen soll von bislang geschätzt 400.000 auf ca. 1,9 Mio. steigen. Damit besteht enormer Handlungsbedarf. Diejenigen Unternehmen, die ihren Meldepflichten nachgekommen sind, sollten die Gesetzesänderung zum Anlass nehmen, ihre bisherigen Meldungen zu überprüfen. Ein Wechsel der wirtschaftlichen Berechtigung oder eine Änderung meldepflichtiger Angaben über diese führt nämlich stets zu neuen Meldepflichten.
Transparenzregister wird Vollregister
Das Transparenzregister, in dem die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen erfasst werden, wird zum 01.08.2021 ein sog. Vollregister. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass die Transparenzregister in den Ländern der Europäischen Union mittels „strukturierter Datensätze“ miteinander vernetzt werden können.
Als wirtschaftlich Berechtigter gilt laut Gesetz jede natürliche Person, die unmittelbar oder mittelbar
mehr als 25 % der Kapitalanteile hält oder
mehr als 25 % der Stimmrechte kontrolliert oder
auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt.
Gibt es bei einer AG oder GmbH keine solche Person, sind die Mitglieder des Vorstands bzw. der Geschäftsführung sog. fiktive wirtschaftlich Berechtigte.
Anders als bislang ist es für die Erfüllung von Meldepflichten ab dem 01.08.2021 nicht mehr möglich, auf die Publikation und Transparenz von Daten in anderen Registern, z. B. dem Handelsregister, zu verweisen. Denn die bislang geltende Mitteilungsfiktion in § 20 Abs. 2 GwG wird ersatzlos gestrichen. Der berühmte „Federstrich“ des Gesetzgebers zeitigt einmal mehr enorme Wirkungen!
Erweiterung der Meldepflichten auf börsennotierte Unternehmen
Künftig sind auch börsennotierte Gesellschaften, deren Aktien zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, und ihre Tochtergesellschaften meldepflichtig. Deren wirtschaftlich Berechtigte sind nach den allgemeinen Regeln zu bestimmen.
Ausweitung auf ausländische Unternehmen bei Immobiliengeschäften
Grundsätzlich sind nur Unternehmen mit Sitz in Deutschland meldepflichtig. Schon bislang waren jedoch in die Meldepflicht auch solche ausländische Unternehmen einbezogen, wenn diese inländische „Direktimmobilien“ erwarben (Asset Deal). Eine Neuregelung sieht vor, dass ausländische Unternehmen zukünftig auch dann meldepflichtig werden, wenn sie Anteile an einer Gesellschaft erwerben, die über inländischen Grundbesitz verfügt. Die neue Regelung lautet:
Die Mitteilungspflicht „gilt auch für Vereinigungen mit Sitz im Ausland, wenn sie sich verpflichten, Eigentum an einer im Inland gelegenen Immobilie zu erwerben, wenn Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes sich bei ihr vereinigen oder auf sie übergehen, oder wenn sie im Sinne des § 1 Abs. 3a des Grunderwerbsteuergesetzes aufgrund eines Rechtsvorgangs eine wirtschaftliche Beteiligung innehaben.“ Letzteres betrifft sog. Share Deals, bei denen Anteile einer Gesellschaft in Höhe von mindestens 90 Prozent (bis 30.06.2021: 95 Prozent) auf ein ausländisches Unternehmen übergehen sollen.
Neue „automatische“ Eintragung für Vereine
Um den Großteil unter den ca. 600.000 eingetragenen Vereinen, die häufig ehrenamtlich geführt werden, von bürokratischen Anforderungen zu entlasten, ist für diese Rechtsform erstmals spätestens zum 01.01.2023, danach anlassbezogen (z. B. bei einem zum Vereinsregister angemeldeten Vorstandswechsel) eine „automatische“ Eintragung vorgesehen, sofern ein Verein bislang keine Daten über seine wirtschaftlich Berechtigten übermittelt haben sollte.
Der Bundesanzeiger Verlag wird hierbei als registerführende Stelle anhand der im Vereinsregister eingetragenen Daten eine Eintragung in das Transparenzregister vornehmen, ohne dass es hierfür einer Mitteilung durch den Verein selbst bedarf.
Im Rahmen dieser Eintragung werden alle Vorstandsmitglieder als sog. fiktive wirtschaftlich Berechtigte nach § 3 Abs. 2 Satz 5 GwG im Transparenzregister erfasst.
Soweit die erforderlichen Daten nicht im Vereinsregister vorhanden sind, wird als Wohnsitzland Deutschland und als (einzige) Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. Die auf diese Weise eingetragenen Daten gelten als Angaben des Vereins, soweit der Verein dem Bundesanzeiger Verlag keine abweichenden Angaben mitteilt. In besonders gelagerten Einzelfällen kann es jedoch bei der Mitteilungspflicht auch für Vereine bleiben. Die Gesetzesänderung darf also auch von Vereinsvorständen nicht ignoriert werden.
Für Gesellschaften bzw. Vereinigungen, die aufgrund der Gesetzesänderung erstmals meldepflichtig werden, gelten folgende Übergangsfristen, innerhalb derer die Mitteilung des/der wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister erfolgen muss: