Betriebsveranstaltungen im Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht
Betriebsveranstaltungen wie Weihnachtsfeiern, Sommerfeste oder Jubiläumsfeiern sind ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur. Sie stärken das Gemeinschaftsgefühl und bieten die Möglichkeit, in einem entspannten Rahmen Kontakte zu knüpfen und sich auszutauschen. Bei der Planung und Durchführung solcher Veranstaltungen sollten allerdings auch steuerliche Aspekte eine nicht nur untergeordnete Rolle spielen. Insbesondere die lohnsteuerliche Behandlung von Zuwendungen an die Teilnehmer und die hieraus resultierenden Folgen für die Sozialversicherung sollten dabei beachtet werden. Sowohl der Bundesfinanzhof als auch das Bundessozialgericht haben den rechtlichen Rahmen in diesem Zusammenhang jüngst neu gesetzt. Hier erhalten Sie einen Überblick über die lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Eckpunkte zur Behandlung von Betriebsveranstaltungen.
Begriff der Betriebsveranstaltung
Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter. Ob die Veranstaltung vom Arbeitgeber, Betriebsrat oder Personalrat durchgeführt wird, ist dabei unerheblich. Eine Betriebsveranstaltung liegt insofern aber nur vor, wenn der Teilnehmerkreis sich überwiegend aus Betriebsangehörigen, deren Begleitpersonen und gegebenenfalls Leiharbeitnehmern oder Arbeitnehmern anderer Unternehmen im Konzernverbund zusammensetzt. Die Finanzverwaltung qualifiziert daher bislang Veranstaltungen zur Ehrung eines einzelnen Jubilars oder eines einzelnen Arbeitnehmers z. B. bei dessen Ausscheiden aus dem Betrieb, selbst unter Beteiligung weiterer Arbeitnehmer, nicht als Betriebsveranstaltung.
Liegt im Ergebnis eine Betriebsveranstaltung vor, ist zu prüfen, ob den teilnehmenden Personen hierbei lohnsteuer- und ggf. sozialversicherungsrechtlich relevante Vorteile zugewendet werden.
Zuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen
Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich der Umsatzsteuer, unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet. Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind daher insbesondere:
Speisen, Getränke, Tabakwaren und Süßigkeiten,
die Übernahme von Übernachtungs- und Fahrtkosten,
Musik, künstlerische Darbietungen sowie Eintrittskarten für kulturelle und sportliche Veranstaltungen, wenn sich die Veranstaltung nicht im Besuch der kulturellen oder sportlichen Veranstaltung erschöpft,
Geschenke,
Zuwendungen an Begleitpersonen der Arbeitnehmer,
Aufwendungen für den äußeren Rahmen (z. B. für Räume, Beleuchtung oder Eventmanager). Als Aufwendungen für den äußeren Rahmen sind auch die Fremdkosten zu erfassen, die nur zu einer abstrakten Bereicherung des Arbeitnehmers führen (z. B. Kosten für anwesende Sanitäter, für die Erfüllung behördlicher Auflagen, Stornokosten oder Trinkgelder). Nicht einzubeziehen sind dagegen die rechnerischen Selbstkosten des Arbeitgebers (z. B. die anteiligen Kosten der Lohnbuchhaltung für die Erfassung des geldwerten Vorteils der Betriebsveranstaltung oder Kosten für Energie- und Wasserverbrauch bei einer Betriebsveranstaltung in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers.
Das Lohnsteuerrecht erfasst hierbei Zuwendungen des Arbeitgebers an seine aktiven Arbeitnehmer, seine ehemaligen Arbeitnehmer, Praktikanten, Referendare, ähnliche Personen sowie Begleitpersonen. Aus Vereinfachungsgründen beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn auch Leiharbeitnehmer bei Betriebsveranstaltungen des Entleihers sowie Arbeitnehmer anderer konzernangehöriger Unternehmen einbezogen werden, wenn die betreffende Veranstaltung allen Mitgliedern dieser Personengruppe offensteht.
Fahrtkosten zählen dann nicht zu den Aufwendungen für die Betriebsveranstaltung, wenn die Betriebsveranstaltung außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers stattfindet, die Anreise der Teilnahme an der Veranstaltung dient und die Organisation dem Arbeitnehmer obliegt. Die dementsprechend anfallenden Fahrtkosten können nach Grundsätzen des Reisekostenrechts steuerfrei durch den Arbeitgeber erstattet werden.
Der Freibetrag in Höhe von EUR 110
Soweit die vorgenannten Zuwendungen den Betrag von EUR 110 je Betriebsveranstaltung und teilnehmendem Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den (steuerpflichtigen) Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils (z. B. Abteilung) offensteht. Dies gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich. Nimmt der Arbeitnehmer an mehr als zwei Betriebsveranstaltungen teil, können die beiden Veranstaltungen, für die der Freibetrag gelten soll, ausgewählt werden. Dient die Teilnahme eines Arbeitnehmers an einer oder mehreren Betriebsveranstaltungen aber der Erfüllung beruflicher Aufgaben, ist der auf diesen Arbeitnehmer entfallende Anteil an den Gesamtaufwendungen kein Arbeitslohn.
Alle in die Kosten der Betriebsveranstaltung einzubeziehenden Aufwendungen des Arbeitgebers sind zur Ermittlung der EUR-110-Grenze zu gleichen Teilen auf alle bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen. Maßgeblich ist die Zahl der tatsächlichen und nicht der eingeladenen oder angemeldeten Teilnehmer. Der auf eine Begleitperson entfallende Anteil ist dem jeweiligen Arbeitnehmer zuzurechnen. Für die Begleitperson ist insoweit kein zusätzlicher Freibetrag von EUR 110 anzusetzen.
Die Besteuerung der Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung
Die steuerpflichtigen Zuwendungen an Arbeitnehmer aus Anlass – nicht nur bei Gelegenheit – einer Betriebsveranstaltung (d. h. soweit sie ggf. den o. g. Freibetrag in Höhe von EUR 110 übersteigen) können mit 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag pauschal besteuert werden. Auch nicht übliche bzw. unangemessene Zuwendungen gehören dabei zu den maßgebenden Gesamtkosten einer Betriebsveranstaltung. Zuwendungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen an Arbeitnehmer von anderen Unternehmen im Konzernverbund sowie an Leiharbeitnehmer durch den Entleiher können wahlweise vom Zuwendenden oder vom Arbeitgeber versteuert werden. Erfolgt die Lohnsteuerpauschalierung, trägt grundsätzlich der Arbeitgeber als Schuldner die Pauschalsteuer, kann diese grundsätzlich aber auch auf den Arbeitnehmer abwälzen.
Hinweis auf BFH, Urteil vom 27.03.2024, VI R 5/22
Der BFH hat mit seinem o. g. Urteil entschieden, dass nach der seit 2015 geltenden Legaldefinition der Betriebsveranstaltung eine solche auch dann vorliegen kann, wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offenstehen. Damit kann die vorgenannte Pauschalbesteuerung auch für Zuwendungen anlässlich solcher Veranstaltungen angewendet werden, die nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Dies hatte insbesondere die Finanzverwaltung bislang anders interpretiert. Der BFH hat nun aber klargestellt, dass eine Betriebsveranstaltung allein für die Inanspruchnahme des Freibetrags über EUR 110 (hierzu bereits oben) allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offenstehen muss. Für die Anwendung der Pauschalbesteuerung ist dies nicht erforderlich.
Es scheint bislang unklar, wie die Finanzverwaltung auf das besagte Urteil reagiert. Mit einer (bislang nicht erfolgten) Veröffentlichung im Bundessteuerblatt würde die Finanzverwaltung einer Anwendung der Entscheidung in allen vergleichbaren offenen Fällen nach aktueller Rechtslage zustimmen. Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024 war eine entsprechende Änderung des Gesetzestextes geplant, sodass die o. g. Argumentation des BFH künftig nicht mehr tragen würde. Diese Neuregelung wurde bislang allerdings nicht umgesetzt, sodass sich Steuerpflichtige grundsätzlich weiterhin auf die o. g. Argumentation des BFH stützen können.
Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 23.04.2024, B 12 BA 3/22 R
Die Anwendung der o. g. Lohnsteuerpauschalierung mit 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag hat zur Folge, dass die betreffenden Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung zwar der Lohnsteuer, nicht aber der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Das gilt aber nur, soweit diese Einnahmen vom Arbeitgeber oder einem Dritten für den jeweiligen Abrechnungszeitraum auch tatsächlich zur pauschalen Lohnsteuer angemeldet werden. Abrechnungszeitraum ist der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarte Zeitraum, für den Arbeitsentgelt zu zahlen und abzurechnen ist. Im Regelfall wird dies also der Kalendermonat sein. Das Bundessozialgericht geht somit davon aus, dass grundsätzlich in der Entgeltabrechnung für den Monat, in dem die Zuwendung anlässlich der Betriebsveranstaltung erfolgt, die pauschale Lohnsteuer gegenüber dem Finanzamt anzumelden ist. Jedenfalls nicht mehr ausreichend ist es nach Meinung des Bundessozialgerichts, wenn eine solche Lohnsteuer-Anmeldung erst nach dem Ende der Frist für die Übermittlung der Jahres-Lohnsteuerbescheinigung erfolgt. Die Frist für die Übermittlung der Jahres-Lohnsteuerbescheinigung endet nach gesetzlicher Vorgabe derzeit Ende Februar des jeweiligen Folgejahres. Für die Praxis wird hieraus derzeit abgeleitet, dass die Anmeldung der Lohnsteuerpauschalierung damit vor Übermittlung der Jahres-Lohnsteuerbescheinigung, jedenfalls aber bis spätestens Ende Februar des jeweiligen Folgejahres zu erfolgen hat, damit die Zuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen aufgrund der Pauschalbesteuerung auch nicht der Sozialversicherungsbeitragspflicht unterliegen. Empfehlenswert erscheint es damit zudem, die Lohnsteuer-Jahresbescheinigung bis auf Weiteres stets zum spätestmöglichen Zeitpunkt auszustellen, um erforderlichenfalls die Lohnsteuerpauschalierung auch mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung vornehmen zu können.
Fazit
Betriebsveranstaltungen sind und bleiben eine gute Gelegenheit, Mitarbeitern Anerkennung und Wertschätzung entgegenzubringen sowie den innerbetrieblichen Austausch zu fördern. Insbesondere die jüngere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sowie des Bundessozialgerichts hat das Thema aber zum Teil neu abgesteckt. Insbesondere das Thema der Pauschalbesteuerung erfordert erhöhte Aufmerksamkeit seitens der Arbeitgeber. Es muss künftig sichergestellt werden, dass die Pauschalbesteuerung mit den richtigen Werten rechtzeitig beim Finanzamt angemeldet werden kann. Idealerweise zeitnah nach der jeweiligen Veranstaltung, spätestens jedoch bis zur Übermittlung der Lohnsteuer-Jahresbescheinigung Ende Februar des Folgejahres. Nur so scheint sich derzeit sicherstellen zu lassen, dass die Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Gerne unterstützen wir Sie bei allen Fragen rund um das Thema Betriebsveranstaltungen sowie der Optimierung Ihrer internen Prozesse, um zu gewährleisten, dass Sie die neuen und alten Anforderungen an eine steueroptimale Durchführung von Betriebsveranstaltungen erfüllen.