Das Ohr am BFH – Gemeinsamer Konsum bleibt schenkungsteuerfrei!

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In diesem aktuellen Praxis-Artikel werden die wesentlichen Probleme einer etwaigen Schenkungsteuerpflicht bei gemeinsamem Konsum (z. B. Luxus-Kreuzfahrten) dargestellt und verständlich gemacht. Außerdem erhält der Leser Tipps, wie mit Zuwendungen in der Privatsphäre umgegangen werden sollte.

Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigt in der mündlichen Verhandlung am 16. September 2020 (Az.: II R 24/18) die Auffassung, dass der höchstpersönliche Bereich der Lebensführung in Form des gemeinsamen Konsums selbst dann steuerfrei bleiben muss, wenn es sich um Luxus-Konsum (Luxus-Kreuzfahrt) handelt. Anders als die BFH-Richter vermuten, sollte das zu erwartende Urteil auf breite Zustimmung stoßen. Denn es ist nicht nur auf Luxus-Konsum anwendbar, sondern schützt die persönlichen Lebensbereiche vieler Menschen vor dem Zugriff des Fiskus.

Der Fall

Der Kläger buchte für sich und seine Lebensgefährtin eine 5-monatige Luxus-Kreuzfahrt, für die er sämtliche Kosten in Höhe von über EUR 500.000,00 übernahm. Aus eigenen Mitteln hätte sich seine Begleitung die Reise nicht leisten können. Pflichtbewusst gab der Kläger schon während der Reise eine Schenkungsteuererklärung ab. Als Zuwendung betrachtete er nur die anteiligen Kosten für Anfahrt, Abreise, Ausflügen und Verpflegung seiner Lebensgefährtin. Das Finanzamt setzte die Steuer jedoch in vierfacher Höhe fest, da die gesamte Kreuzfahrt eine steuerpflichtige Schenkung darstelle.

Das FG Hamburg (Urteil vom 12. Juni 2018, Az.: 3 K 77/17) entschied zu Gunsten des Steuerpflichtigen und sah keinerlei Schenkungsteuertatbestand verwirklicht. Das Finanzamt legte Revision ein. Der Fall wurde am 16. September 2020 vor dem BFH verhandelt. Wir waren dabei. In der mündlichen Verhandlung war die klare Tendenz des Gerichts zu einer Entscheidung zu Gunsten des Steuerpflichtigen zu erkennen.

Der steuerrechtliche Hintergrund

Grundsätzlich gilt nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung, soweit der Beschenkte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Finanzgericht und BFH mussten also entscheiden, was konkret zugewendet wurde und ob die Lebensgefährtin dadurch bereichert wurde.

Die Entscheidung im Überblick

Insbesondere die folgenden Aspekte waren sowohl vom Finanzgericht Hamburg als auch vom BFH zu würdigen:

  • Der Besteuerungsgegenstand: Kann eine solch langwierige und kostspielige Reise überhaupt als einheitliche Schenkung zusammengefasst werden oder ist sie in mehrere Zuwendungen einzuteilen? Nach Auffassung des Finanzamts war „die gesamte Weltreise“ geschenkt worden. Diese Auffassung wurde vom Finanzgericht und vom BFH stark kritisiert. Die Kosten der Weltreise würden sich nicht auf die Kosten für die Kabine beschränken. Es sei nicht vertretbar, die unterschiedlichen Leistungen einer Reise zu einem einzelnen Besteuerungsgegenstand zusammenzufassen. Auf der anderen Seite sei es unverhältnismäßig, jedes Essen, jeden Ausflug und jedes Souvenir einzeln zu besteuern. Ein solches Vorgehen würde in einem unvertretbar hohen Maße in die Privatsphäre der Konsumenten eingreifen.

  • Der Schenkungszeitpunkt: Genauso realitätsfern scheine es, sich im Rahmen einer fünfmonatigen Reise auf einen Schenkungszeitpunkt festzulegen. Zu dem vom Finanzamt genannten Zeitpunkt der „Aushändigung der Bordkarte“ sei noch völlig offen, welche Leistungen genau vom vermeintlichen Schenker getragen werden würden.

  • Die Bereicherung: Schließlich war fraglich, ob die Lebensgefährtin überhaupt bereichert wurde. Durch die Mitnahme an Bord habe der Kläger ihr zwar ein eigenes Forderungsrecht auf Durchführung der Reise eingeräumt. Dieses stand ihr aber nicht zur freien Verfügung. Es war stets von der Billigung des Klägers abhängig, ob sie die Reise antreten durfte. Die Lebensgefährtin hätte ihre Bordkarte auch nicht auf Dritte übertragen können. Durch den Konsum, also den tatsächlichen Verbrauch, sei es bei einer wertenden Betrachtung nicht zu einer wirtschaftlichen Bereicherung gekommen. Nur ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass sich die Lebensgefährtin auch keine eigenen Aufwendungen erspart habe, da sie sich mit eigenen Mitteln die Reise nicht hätte leisten können.

  • Im Ergebnis lag somit weder zivilrechtlich noch schenkungsteuerlich eine Schenkung vor. Es handelte sich um eine reine Gefälligkeit im Eigeninteresse des Klägers. Eigentlich war er es, der durch die Mitnahme seiner Lebensgefährtin um schöne Erinnerungen bereichert wurde.

Fazit

Klar und deutlich war am Ende der mündlichen Verhandlung zu erkennen, dass der BFH eine Schenkungsteuerbarkeit des Vorgangs erfreulicherweise ablehnt. Er wird die Revisionsklage abweisen und somit zu Gunsten des ursprünglichen Klägers entscheiden. Durch dieses Urteil wird die Privatsphäre im Bereich der höchstpersönlichen Lebensführung weiterhin vor dem Zugriff der Finanzverwaltung geschützt. Die Privatsphäre soll auch nach Auffassung des BFH nicht durch das Steuerrecht bestimmt werden. Der BFH macht erfreulicherweise sehr deutlich, dass nicht jeder Vorgang – sei es die teure Kabine, das gemeinsame Essen oder der Erwerb von Souvenirs – besteuert werden darf. Alles andere würde ihren gemeinsamen Konsum einer permanenten Überwachung unterziehen.

Nichteheliche Lebensgemeinschaften, denen nur ein geringer Freibetrag für steuerfreie Schenkungen zur Verfügung steht, profitieren von dem Urteil unmittelbar. Das Urteil sollte grundsätzlich auf andere Konstellationen übertragbar sein, denn die schlüssige und zutreffende Argumentation des Finanzgerichts Hamburg und des BFH ist nicht an ein besonderes Näheverhältnis der Personen, sondern an die Privatsphäre geknüpft. Auch Berufskollegen, gute Freunde und entferntere Verwandte haben eine schützenswerte Privatsphäre, etwa wenn der eine dem anderen die Wohnung oder das Auto überlässt oder beide gemeinsam in einen Urlaub fahren, den sich nur der leisten kann, der nicht allein reisen will.

PSP-Praxistipp

Die Dokumentation bei allen Sachverhalten, die über das Maß von Gelegenheitsgeschenken hinaus gehen, sollte unabhängig von der Beziehung der Beteiligten untereinander also nicht zu voreilig ad acta gelegt werden. Sprechen Sie aber vor der Offenlegung gegenüber dem Finanzamt mit Ihrem Steuerberater. So können Sie sicherstellen, dass Sie dem Finanzamt eine korrekte Steuererklärung vorlegen und verhindern, dass Sie, wie der Kläger, in vierfacher Höhe in Anspruch genommen werden oder einem jahrelangen Rechtsstreit ausgesetzt sind.