Personengesellschaften als Organgesellschaften – Ein umsatzsteuerlicher Dauerbrenner

Bereits in 2015 hat der EuGH festgestellt, dass die deutsche Vorschrift zur umsatzsteuerlichen Organschaft nicht den unionsrechtlichen Vorgaben entsprochen hat. So konnten bis dahin ausschließlich Kapitalgesellschaften Organgesellschaften sein. Dies entsprach jedoch gerade nicht den Vorgaben der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie, wonach unabhängige Personen als ein Steuerpflichtiger behandelt werden können. Voraussetzung ist, dass sie durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind. Eine Einschränkung auf juristische Personen ist entsprechend nicht vorgesehen.

Seit dieser Rechtsprechung können Personengesellschaften auch in Deutschland Organgesellschaften sein. Allerdings lässt die Finanzverwaltung auf Basis der Rechtsprechung des BFH die finanzielle Eingliederung von Personengesellschaften bisher jedoch nur zu, wenn alle Gesellschafter der Personengesellschaft ebenfalls in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind. Diese Beschränkung hat der EuGH nun erneut für unionsrechtswidrig erklärt.

Im Urteilsfall hatte der Organträger die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Die übrigen Gesellschafter waren nicht Bestandteil des Organkreises. Sie konnten, auch kollektiv, keine Mehrheit in der Gesellschafterversammlung bilden. Beschlüsse wurden grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefasst. Insofern konnte der Organträger seinen Willen stets durchsetzen. Wird die bisherigere Auffassung der Finanzverwaltung zugrunde gelegt, dann liegt im Urteilsfall keine Organschaft vor, da eben nicht alle Gesellschafter in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sind. Anders der EuGH. Dieser vertritt klar die Auffassung, dass das deutsche Verständnis nicht den unionsrechtlichen Vorgaben entspricht. Für die finanzielle Eingliederung kommt es ausschließlich darauf an, dass der Organträger in der Gesellschafterversammlung seinen Willen durchsetzen kann. Dass neben dem Organträger weitere Gesellschafter existieren, die nicht Teil des Organkreises sind, ist dagegen unerheblich. Zwar könnte die Willensbildung des Organträgers in der Gesellschafterversammlung durch mündliche Änderungen des Gesellschaftsvertrages jederzeit torpediert werden. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn Gesellschafterbeschlüsse fortan einstimmig zu treffen wären. Eine derartige theoretische Möglichkeit steht der finanziellen Eingliederung jedoch nicht entgegen.

Die Rechtsprechung des EuGH hat zur Folge, dass Personengesellschaften nun unter geringeren Voraussetzungen Organgesellschaften sein können. Steuerpflichtige haben insofern ein Wahlrecht. Sollte die Rechtsprechung des EuGH zu einem günstigeren Ergebnis führen, können sich Steuerpflichtige darauf berufen. Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich beispielsweise im Fall von abweichender Festsetzungsverjährung oder Bestandskraft bei Organträger und Organgesellschaft. Dabei gilt es allerdings zu beachten, dass die Finanzverwaltung weiterhin an die Vorgaben des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses gebunden ist.