Der „Investitions-Booster“ der neuen Bundesregierung im Entwurf
Überblick über den Regierungsentwurf zu einem steuerlichen Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland vom 04. Juni 2025
Vor kurzer Zeit noch sprach man über die Corona-Hilfsgesetze und das (gegenüber seinem ursprünglichen Umfang stark reduzierte) Wachstumschancengesetz der Ampel-Regierung, wenn die Thematik um steuerliche Investitionsprogramme aufkam. Nun will die jüngst konstituierte Bundesregierung auch ihre Vorstellungen eines die Wirtschaft ankurbelnden steuerlichen Sofortprogramms darstellen. Nicht nur der Begriff „Booster“ hat nun eine neue Assoziation gegenüber Corona-Zeiten – im Regierungsentwurf zu einem solchen steuerlichen Investitionssofortprogramm zeichnen sich erste Trends ab: mehr Innovation, großzügige Abschreibungen und die Automobilindustrie bitte nicht vergessen. Der Entwurf basiert auf einem Referentenentwurf des BMF vom 30. Mai 2025 und einem beschlossenen Sofortprogramm des Koalitionsausschusses vom 28. Mai 2025.
Hintergrund des Vorhabens
Gerade noch wurden in Wahlkampfarenen hitzige Diskussionen abgehalten, wie man die deutsche Wirtschaft schnell und möglichst unbürokratisch aus der Stagnation holt. Nun liegt ein erster Vorschlag hierzu auf dem Tisch. Hier ist die Rede von Vertrauen schaffen in den Wirtschaftsstandort, einer ausgewogenen Mischung aus schnell wirkenden Entlastungen und strukturellen Verbesserungen und einem „Investitions-Booster“. Nachfolgend stellen wir dar, was sich dahinter versteckt.
Investitions-Booster
Unter die Bezeichnung des „Investitions-Boosters“ fällt eine altbekannte Maßnahme: die degressive Abschreibung beweglicher Anlagegüter. Der Twist hierbei: die Abschreibung darf mit dem Dreifachen des linearen Steuersatzes erfolgen, der Höchstsatz beläuft sich auf 30 % jährlich. Das ist mehr als bisher bei der degressiven AfA zulässig war. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die degressive Abschreibung – wenn auch mit Unterschieden hinsichtlich des zulässigen Höchstsatzes – bereits in den Corona-Steuerhilfegesetzen und dem Wachstumschancengesetz als wirksamer Investitionsanreiz erachtet wurde.
1. Funktionsweise der degressiven Abschreibung
Während die lineare Abschreibung (Regelfall gemäß § 7 Abs. 1 EStG) die Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts in gleichen Jahresraten über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilt, erfolgt die degressive Abschreibung mit einem festgelegten Prozentsatz vom jeweiligen Restbuchwert zum Ende des Vorjahres. Das führt dazu, dass die Abschreibungsbeträge anfangs sehr hoch sind und im Zeitverlauf immer geringer werden.
Gesetzlich geregelt wird ein Höchstsatz für den anzuwendenden Abschreibungs-prozentsatz. Bei Anwendung der degressiven Abschreibung scheidet jedoch die Anwendung von Sonderabschreibungen aus.
2. Frühere Regelungen
Im Rahmen des zweiten Corona-Hilfegesetzes galt für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31. Dezember 2019 und vor dem 01. Januar 2023 angeschafft wurden, dass diese degressiv mit höchstens dem Prozentsatz abgeschrieben werden dürfen, der das Zweieinhalbfache des linearen Abschreibungssatzes beträgt. Die absolute Obergrenze wurde auf 25 % p. a. festgelegt. So z. B. bei einer Nutzungsdauer von fünf Jahren: Bei Anwendung linearer AfA werden jährlich 20 % der Anschaffungskosten abgeschrieben. Das Zweieinhalbfache wären 50 %, hier greift die Obergrenze von 25 % ein. Somit darf der Steuerpflichtige jedes Jahr 25 % des Restbuchwertes zum Ende des letzten Jahres als Abschreibung geltend machen.
Mit dem Wachstumschancengesetz wurde zwar allgemein die Möglichkeit der degressiven Abschreibung für Wirtschaftsgüter beibehalten, die nach dem 31. März 2024 und vor dem 01. Januar 2025 angeschafft oder hergestellt wurden, jedoch wurde der Höchstsatz auf das Zweifache der linearen Abschreibung bzw. höchstens 20 % festgelegt. Auch in früheren Jahren, in denen die degressive Abschreibung möglich war, betrug der Höchstsatz das Zweieinhalbfache bzw. höchstens 25 %.
Insofern ist eine Erhöhung des Höchstsatzes auf 30 % eine Möglichkeit gegenüber den in Vorjahren erhöhten degressiven Abschreibungspotenzialen. Die degressive Abschreibung soll für Wirtschaftsgüter möglich sein, die nach dem 30. Juni 2025 und vor dem 01. Januar 2028 angeschafft werden. Der vorgesehene Anwendungszeitraum von drei Jahren wird damit begründet, dass die Investitionsanreize möglichst unverzüglich wirken sollen.
Elektrofahrzeuge in der 1 %-Regelung
Im Rahmen der sogenannten „1 %-Regelung“ ist die Nutzung eines unternehmerischen PKW durch den Unternehmer oder dessen Angestellte für Zwecke der Lohnbesteuerung oder der Entnahmebewertung pauschal mit 1 % des Bruttolistenpreises monatlich anzusetzen.
Der bisherigen Regel folgend, sind Fahrzeuge ohne CO2-Emissionen die zwischen dem 31. Dezember 2018 und dem 01. Januar 2031 angeschafft wurden bzw. werden, nur mit 25 % ihres Bruttolistenpreises anzusetzen, sofern ihr Bruttolistenpreis EUR 70.000 nicht übersteigt. Der Gesetzesentwurf sieht vor, diesen auf EUR 100.000 zu erhöhen, sofern das Fahrzeug nach dem 30. Juni 2025 angeschafft wird.
Besondere Abschreibung für Elektrofahrzeuge
Für die Abschreibung von neu angeschafften Elektrofahrzeugen sieht der Entwurf eine gänzlich neue Vorschrift vor: § 7 Abs. 2a EStG. Hiernach würde für rein elektrische Fahrzeuge im Sinne des § 9 Abs. 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz, die im Zeitraum zwischen dem 30. Juni 2025 und dem 01. Januar 2028 angeschafft werden, eine arithmetisch-degressive Abschreibung zugelassen werden. Demnach werden die Anschaffungskosten in den folgenden, per Gesetz vorgeschriebenen sechs Abschreibungsraten verteilt:
Im Jahr der Anschaffung: 75 %
Im zweiten Jahr: 10 %
Im dritten Jahr: 5 %
Im vierten Jahr: 5 %
Im fünften Jahr: 3 %
Im sechsten Jahr: 2 %
Analog zur degressiven Abschreibung wären etwaige Sonderabschreibungen hiernach nicht zulässig.
Senkung des Körperschaftsteuersatzes
Der wohl prominenteste Aspekt des Vorschlags ist, die Körperschaftsteuer schrittweise bis zum Jahr 2032 auf 10 % zu senken, beginnend mit dem Jahr 2028, in dem eine Senkung von derzeit 15 % auf 14 % erfolgen soll. In den Folgejahren wird der Steuersatz jeweils um 1 % verringert, bis er 2032 bei 10 % angelangt ist. Mit der Senkung wird ausweislich der Begründung erst 2028 begonnen, da bis einschließlich 2027 die vorgestellten AfA-Begünstigungen ihre Wirkung leisten sollen.
Mit dieser Änderung einher geht auch eine zwingende Anpassung des Thesaurierungssteuersatzes gemäß § 34a Abs. 1 EStG. Der Steuersatz auf thesaurierte Gewinne würde, dem Entwurf folgend, ab dem Veranlagungszeitraum 2028 und 2029 27 % betragen und von dann kontinuierlich in zweijährigen Schritten um jeweils 1 % sinken, bis er im Veranlagungszeitraum 2032 bei 25 % läge.
Änderung des Forschungszulagengesetzes
Die Forschungszulage nach dem FoZulG ist so ausgestaltet, dass vom Antragsteller entstandene Aufwendungen für die Forschung als Bemessungsgrundlage für die Zulage fungieren. Die hierfür qualifizierenden Aufwendungen umfassen grundsätzlich Arbeitslöhne sowie anteilige Aufwendungen für Auftragsforschung. Die maximale Bemessungsgrundlage beläuft sich derzeit auf 10 Millionen Euro. Dem derzeitigen Entwurf folgend, soll für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, die nach dem 31. Dezember 2025 realisiert werden, ein pauschalierter Gemeinkostenaufschlag von 20 % auf einen Teil der förderfähigen Aufwendungen in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden dürfen. Ein individueller Ansatz von Gemeinkosten dieser bleibt jedoch weiterhin ausgeschlossen. Außerdem soll die maximale Bemessungsgrundlage für förderfähige Aufwendungen ab 31. Dezember 2025 auf 12 Millionen EUR angehoben werden. Diese Anhebung der Bemessungsgrundlage war bereits Gegenstand des ersten Referentenentwurfs zum Wachstumschancengesetz vom 06. Juli 2023.
Fazit
Es bleibt abzuwarten, welche der vorgestellten Maßnahmen ihren Eingang in die jeweiligen Steuergesetze finden. Jedoch ist insbesondere in Bezug auf die Senkung der Körperschaftsteuersatzes anzumerken, dass die Umsetzung maßgeblich nach Ende der derzeitigen Legislaturperiode beginnen würde – inwiefern ein solches Vorhaben tatsächlich umsetzbar ist, ist zumindest fraglich. Nachdem jedoch bereits drei Punkte aus dem Sofortprogramm vom 28. Mai 2025 keinen Eingang in den Gesetzesentwurf gefunden haben, ist vermutlich noch mit weiteren Maßnahmenpaketen zu rechnen.