Bei „intakter“ Ehe führt die Übernahme von Zins- und Tilgungsleistungen sowie Hauskosten nicht zu einer Schenkung

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Der PSP Praxis-Tipp zeigt die jüngste Rechtsprechung zu ehebedingten Zuwendungen bezogen auf das Familienheim auf.

Der Bundesfinanzhof (BFH) sorgt für Klarheit: Die Übernahme der laufenden Kosten (Zins, Tilgung, Hauskosten) für das Familienheim durch den Alleinverdiener-Ehegatten führt selbst dann nicht zu einer Schenkung, wenn der andere Ehegatte Alleineigentümer des Hauses ist. 

Der Sachverhalt – eine gängige Situation 

Die Eheleute bewohnten zusammen mit ihren Kindern ein Einfamilienhaus. Sie waren zunächst hälftige Miteigentümer und hatten zusammen – als Gesamtschuldner – ein Finanzierungsdarlehen für ihr Haus aufgenommen. Später übertrug der Ehemann, der Alleinverdiener der Familie, an die Ehefrau seinen Miteigentumsanteil, so dass die Ehefrau Alleineigentümerin wurde. Sie übernahm zwar die auf dem Grundstück lastenden Grundschulden. Das Finanzierungsdarlehen selbst blieb aber unverändert bei den Eheleuten als Gesamtschuldner. Der Ehemann übernahm weiterhin Zins- und Tilgungsleistungen. Als Alleinverdiener der Familie trug er zudem die laufenden Hauskosten. 

Das Finanzamt sah in der Übernahme der Zins- und Tilgungszahlungen und der laufenden Hauskosten eine Schenkung des Ehemannes an die Ehefrau. Die Übertragung der Immobilie vom Ehemann an die Ehefrau selbst war nicht weiter von Interesse, da sie als Schenkung eines Familienheims von Gesetzes wegen steuerbefreit war. 

Der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom v. 17.12.2019, VII R 18/17, veröffentlicht am 28.5.2020) ist der Auffassung des Finanzamtes entgegengetreten.

BFH: Zins- und Tilgungszahlungen sind keine Schenkungen

 In der Übernahme der Zins- und Tilgungsleistungen auf das gemeinsam aufgenommene Darlehen sah der BFH keine Schenkung des Ehemannes an die Ehefrau. Er leistete als Gesamtschuldner auf seine eigene Schuld aus dem Finanzierungsdarlehen. Ein Gesamtschuldner ist im Verhältnis zum Darlehensgeber (der Bank) allein zur Zahlung von Zins und Tilgung verpflichtet. Nur im Innenverhältnis der Gesamtschuldner (also im Verhältnis der Eheleute untereinander) könnte ein Ausgleichsanspruch entstehen, weil durch die Leistung des Ehemannes auch die Ehefrau von einer Verbindlichkeit befreit wurde. Nur der Verzicht auf einen solchen Ausgleichsanspruch könnte eine Schenkung darstellen.

Nach der zutreffenden Auffassung des BFH bestand ein derartiger Ausgleichsanspruch des Ehemannes gegenüber der Ehefrau allerdings nicht. Unter Rückgriff auf zivilrechtliche Rechtsprechung sei bei einer „intakten Ehe“ davon auszugehen, dass Eheleute im Innenverhältnis abweichend von der gesetzlichen Regelung stillschweigend vereinbaren, dass ein Ausgleich nicht geschuldet werde. Dies gelte wenigstens dann, wenn das Darlehen für gemeinschaftliche Zwecke aufgenommen werde und faktisch nur ein Ehegatte in der Lage sei, Zins und Tilgung zu leisten. Die gemeinschaftlichen Zwecke bestünden so lange, wie das Haus als Familienheim diene, ungeachtet der Frage, in wessen (Allein)Eigentum es stehe.

  • Praxistipp: Wann eine „intakte“ Ehe vorliegen soll, wird vom BFH nicht weiter diskutiert. Es dürfte eine regelhafte Vermutung gelten, dass in jeder Ehe solche Zins- und Tilgungszahlungen, die auf einen gemeinsamen Zweck gerichtet sind, nicht zu Ausgleichsansprüchen zwischen den Eheleuten führen sollen. Insoweit deckt sich diese Rechtsprechung des BFH mit jener zu Gemeinschafts- und Oder-Konten. Wenn es sich um größere Beträge handelt, sollte aber für eine entsprechende Dokumentation der Vereinbarung der Eheleute gesorgt werden. Solche Dokumentationen empfehlen sich auch dann, wenn es um andere Vermögensgegenstände als das gemeinsam genutzte Familienheim geht. Es ist davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung die Entscheidung des BFH nicht auf andere Bereiche des ehelichen Zusammenlebens und des gemeinschaftlichen Haltens und Nutzens von anderen Vermögensgegenständen ausdehnen wird. Schon bei einer Ferienimmobilie oder Luxusgütern wird ein Finanzamt vermutlich erneut einschreiten. 

BFH: Tragung der laufenden Hauskosten ist keine Schenkung

Mit anderer Begründung sieht der BFH auch in der Zahlung der laufenden Hauskosten durch den Alleinverdiener-Ehegatten keine Schenkung. Der Ehemann erfülle dadurch seine gesetzlich vorgeschriebene Unterhaltspflicht, zu der auch die „Gewährung einer angemessenen Wohnung“ gehöre. Auch hierbei komme es nicht darauf an, wer Eigentümer der Immobilie sei.

  •  Praxistipp: In allen denkbaren Konstellationen (z. B. Miete) sind die laufenden Zahlungen für den Wohnbedarf der Familie Unterhaltskosten. Sie stellen keine Schenkungen dar.

Besonderheiten des Falls 

In dem Urteilsfall ging es dem Finanzamt nicht darum, Schenkungsteuer für von ihm angenommene Schenkungen festzusetzen. Es handelte sich vielmehr um einen Fall der Inanspruchnahme der Ehefrau als Haftende für Steuerschulden ihres Ehemannes. Eine solche Inanspruchnahme ist bei Schenkungen möglich. Auch eine Anfechtung der Übertragung des Familienheims selbst (nach dem Anfechtungsgesetz) wäre zumindest grundsätzlich (bei Benachteiligungsabsicht innerhalb bestimmter Fristen) denkbar gewesen. 

Fazit

Der Urteilsfall bestätigt erfreulicherweise die Haltung des BFH, nicht in alle Bereiche des ehelichen Zusammenlebens mit steuerlichen Instrumenten einzugreifen. Eheleute stehen sich gerade nicht als fremde Dritte gegenüber. Insofern sollte das subjektive Tatbestandsmerkmal der Schenkung in der Rechtsprechung einen noch größeren Stellenwert erfahren. 

Der Urteilsfall zeigt aber auch, dass die Finanzverwaltungen keine Scheu zeigen, Versuche zu unternehmen, in eheinterne Vorgänge einzugreifen. Das Urteil sorgt also leider nicht für Erleichterungen zugunsten des Steuerpflichtigen, sondern mahnt zu vorausschauender fachlich begleiteter Planung und Dokumentation, um den Steuerstreit mit dem Finanzamt gar nicht erst entstehen zu lassen.