Haftung für unrichtigen Steuerausweis des Voreigentümers?

Am 5. Dezember 2024 hat der Bundesfinanzhof (BFH) in dem Verfahren V R 16/22 entschieden, dass ein unrichtiger Steuerausweis in Mietverträgen, der vom Voreigentümer eines Grundstücks veranlasst wurde, dem Erwerber des Grundstücks nicht zugerechnet werden kann.

Rechtlicher Hintergrund

Das Urteil bezieht sich auf die Anwendung von § 14c Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), der regelt, dass der Aussteller einer Rechnung für einen unrichtigen Steuerausweis haftet. Fraglich war, ob auch der Erwerber einer Immobilie als Aussteller gelten kann, da dieser nach der gesetzlichen Regelung (§ 566 BGB) bei einem Kauf des Grundstücks bzw. bei einem Erwerb im Rahmen einer Zwangsversteigerung in das Mietverhältnis als Vermieter eintritt.

Sachverhalt: Die Klägerin erwarb im Jahr 2013 ein Grundstück mit einem Bürogebäude im Rahmen einer Zwangsversteigerung. Der Voreigentümer hatte in den Mietverträgen für die vermieteten Flächen Umsatzsteuer ausgewiesen, obwohl die Vermietung steuerfrei war. Das Finanzamt setzte daraufhin die Umsatzsteuer für das Jahr 2013 fest, da es die Klägerin als Steuerschuldnerin für den unrichtigen Steuerausweis ansah. Die Klägerin legte Einspruch ein und klagte vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg, das die Klage jedoch abwies.

Der BFH hob das Urteil auf und entschied zugunsten der Klägerin. Der BFH stellte klar, dass die Klägerin nicht für den unrichtigen Steuerausweis des Voreigentümers haftet. Die Zurechnung eines unrichtigen Steuerausweises nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG setzt voraus, dass die als Aussteller bezeichnete Person an der Erstellung der Rechnung mitgewirkt hat oder ihr die Ausstellung nach den für Rechtsgeschäfte geltenden Regelungen zuzurechnen ist. Dies war im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Die Klägerin hafte nicht für den unrichtigen Steuerausweis des Voreigentümers, da sie diesen nicht selbst veranlasst hat.

Auch eine Zurechnung nach § 566 Abs. 1 BGB ist nicht möglich. Ein richtiger Steuerausweis gehört nicht zu den Vermieterrechten und -pflichten, auf deren Übergang § 566 Abs. 1 BGB aber gerichtet ist. Eine Zurechnung folgt auch nicht aus § 1 Abs. 1a UStG. In dem gegenständlichen Fall gehört ein unrichtiger Steuerausweis in den Mietverträgen nicht zu den übertragenen Wirtschaftsgütern, auf die sich die umsatzsteuerrechtliche Einzelrechtsnachfolge bezieht. Übertragungsgegenstand im Sinne einer umsatzsteuerlichen Einzelrechtsnachfolge ist der vermietete Grundbesitz.

Folgen für die Praxis

Das Urteil des BFH vom 5. Dezember 2024 schafft Rechtssicherheit im Veräußerungsfall, soweit in der Vergangenheit der Umsatzsteuerausweis fehlerhaft vorgenommen wurde. Insbesondere wird klargestellt, dass Erwerber von Grundstücken – auch bei Zwangsversteigerungen – nicht für einen unrichtigen Steuerausweis des Voreigentümers haften, wenn sie diesen nicht selbst veranlasst haben. Aufgrund der weitreichenden umsatzsteuerlichen Rechtsfolgen bei dem Erwerb eines Grundstücks (im Rahmen einer Geschäftsveräußerung) sollte der Umsatzsteuer bereits im Kaufvertrag durch entsprechende Klauseln sowie Prüfungen und im Nachgang bei der Durchführung der Mietverhältnisse die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt werden.