Neue Hoffnung insbesondere für Bauträger im Zusammenhang mit der Durchführung von Erschließungsmaßnahmen?

Praxistipp zur Umsatzsteuer - Vorlagebeschluss BFH vom 13.3.2019 XI R 28/17

Errichtet ein Unternehmer Erschließungsanlagen, die er auf eine Gemeinde überträgt und deren Kosten er aus der nachfolgenden steuerpflichtigen Lieferung erschlossener Grundstücke finanziert, kommt es nach der Rechtsprechung des BFH auf Seiten des Unternehmers regelmäßig zu einer Belastung mit Umsatzsteuer. Diese resultiert entweder aus der Versagung des Vorsteuerabzugs mit dem Argument, dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit einer Entnahme stehen (so der V. Senat des BFH), oder aber der Vorsteuerabzug wird bejaht und von einer umsatzsteuerpflichtigen Entnahme im Sinne von § 3 Abs. 1b UStG kompensiert (so noch der XI. Senat des BFH in einer älteren Entscheidung).

In zwei im Anschluss ergangenen Entscheidungen, die dem EuGH aus anderen Mitgliedstaaten vorgelegt wurden, hatte der EuGH im Ergebnis den Vorsteuerabzug der jeweiligen Kläger bejaht, ohne sich dabei aber mit der Gegenstandsentnahmebesteuerung im Sinne von § 3 Abs. 1b UStG/Art. 16 MwStSystRL auseinandergesetzt zu haben. Insoweit brauchte man kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass der BFH, als Fachgericht, in dem nächsten von ihm zu entscheidenden Streitfall  den EuGH mit dieser aus seiner Sicht bestehenden Unstimmigkeit anrufen würde.

Dies ist nunmehr mit Beschluss vom 13.03.2019 (veröffentlicht am 11.07.2019) geschehen. Der XI. Senat des BFH sieht es als möglich an, dass ein Unternehmer, der im Auftrag einer Stadt Baumaßnahmen an einer Gemeindestraße vornimmt, aus von ihm hierfür bezogenen Bauleistungen entgegen der obigen Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Der BFH hat daher den EuGH mit mehreren Auslegungsfragen angerufen. Im Ergebnis möchte der BFH „nur“ wissen, ob dem Steuerpflichtigen ein Recht auf Vorsteuerabzug zusteht. Dabei geht es ihm im Wesentlichen um die Frage des direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Eingangsleistung (Errichtung der Erschließungsmaßnahme gegenüber der jeweiligen Gebietskörperschaft) und der Ausgangsleistung(en). Letztere könnten entweder die steuerpflichtige Werklieferung oder steuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe gegenüber der Gemeinde oder aber die sonstigen steuerpflichtigen Bauträgerumsätze bzw. im konkreten Streitfall der steuerpflichtige Kiesabbau gegenüber den Dritten sein. Nur  im letztgenannten Fall käme es zu einer Verbesserung im Vergleich zur bisherigen Rechtslage.

Dem Ausgang des Verfahrens kann mit großem Interesse entgegengeblickt werden. Mit den Vorlagefragen wird eine ganz zentrale und höchst komplexe Thematik abgefragt. Deshalb bleibt zu hoffen, dass das Gericht diese grundsätzliche Bedeutung erkennt und die Entscheidung in entsprechend großer Runde berät und vorbereiten lässt.

Praxistipp:

Insbesondere Bauträger, die bei Ausführung von Werklieferungen gegenüber Gebietskörperschaften regelmäßig mit nennenswerter nichtabziehbarer Vorsteuer belastet sind, müssen den Ausgang des Verfahrens im Auge behalten. Alles ist möglich!

Dabei sollten Sie sicherstellen, dass Sie die entsprechenden Vorsteuerbeträge separat aufzeichnen und dem Finanzamt frühzeitig mitteilen, um bei einem etwaigen Obsiegen die relevanten Beträge erfolgreich deklarieren zu können. Daneben müssen Sie sicherstellen, dass etwaige Bescheide nicht bestandskräftig werden, was je nach Verfahrensgang durch unterschiedliche Maßnahmen erreicht werden kann. Insbesondere nach Abschluss von Betriebsprüfungen gilt es dafür Vorsorge zu treffen.

In Ausnahmefällen führt die Vorlage auch dazu, dass sie einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung rechtfertigt. Dabei müssen Sie jedoch das hohe Zinsrisiko im Auge behalten.