Jahressteuergesetz 2020: Steuerstrafrecht abermals verschärft

Erhebliche Verlängerung der Verjährungsfristen – vorgeblich als Reaktion auf Cum-Ex

Dieser Praxis-Artikel erläutert die bereits in Kraft getretenen Änderungen im Bereich des Steuerstrafrechts und deren weitrechende Folgen, auf die sich Delinquenten zukünftig im Rahmen einer Selbstanzeige einstellen müssen.

Bereits zum Jahreswechsel ist das Jahressteuergesetz 2020 in Kraft getreten. Neben zahlreichen gesetzgeberischen Reaktionen auf die Corona-Pandemie ist insbesondere auch das Steuerstrafrecht wieder ins Augenmerk des Gesetzgebers gerückt. So wurden – als Reaktion auf die drohende Verjährung der Cum-Ex-Fälle – die Verjährungsfristen im Bereich der Steuerhinterziehung erheblich verlängert.

Die Gesetzesänderungen im Überblick

Bereits im Sommer hatte der Gesetzgeber im Rahmen des Zweiten Corona-Steuerhilfe-Gesetzes die absolute Strafverfolgungsverjährung auf das Zweieinhalbfache der gesetzlichen Verjährungsfrist erhöht. Dem nicht genug wurde nunmehr die regelmäßige Verjährungsfrist für besonders schwere Fälle von 10 auf 15 Jahre erhöht. Ein solcher besonders schwerer Fall liegt nach gegenwärtiger Rechtsprechung regelmäßig bereits bei jeder Hinterziehung von über EUR 50.000 vor. Doch gerade im Rahmen von Schenkungen bzw. Erbschaften oder im unternehmerischen Kontext ist dieser Betrag relativ schnell erreicht.

Noch mehr, in Kombination können beide Gesetzesänderungen gar dazu führen, dass die absolute Verjährungsfrist sich nunmehr auf bis zu 37,5 Jahre verlängert. Betroffen sind alle am 29.12.2020 noch nicht verjährten Taten.

Weitreichende Folgen im Rahmen der Selbstanzeige

Im Rahmen einer strafbefreienden Selbstanzeige müssen Angaben zu allen unverjährten Steuerstraftaten, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen. Aufgrund der aufgezeigten Verlängerung der Verjährungsfristen müssen in besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung darüber hinaus für weitere fünf Jahre, insgesamt also zu den vergangenen 15 Kalenderjahren, die Besteuerungsgrundlagen den Steuerbehörden nachgemeldet bzw. korrigiert werden. Da der Gesetzgeber die gesetzlichen Aufbewahrungspflichten nicht korrespondierend angepasst, sondern diese bei zehn Jahren belassen hat, hat der potenzielle Delinquent regelmäßig gar nicht mehr die erforderlichen Unterlagen, um dieser Verpflichtung auch sachgerecht nachzukommen. Dies kann im Einzelfall zu Schätzungen führen, die mitunter – zum Nachteil des Steuerpflichtigen – weit von der Realität abweichen können.

Auch Festsetzungsverjährungsfrist betroffen

Die aufgezeigten Änderungen wirken sich nicht nur auf das Strafrecht aus, sondern auch auf das Steuerrecht an sich. Dies ergibt sich daraus, dass im Falle einer Steuerhinterziehung auch die steuerliche Festsetzungsverjährungsfrist nicht abläuft, bevor nicht auch die Steuerstraftat verjährt ist – im besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung daher nicht vor Ablauf von 15 Jahren nach Beendigung der Tat.

Fazit

Es ist durchaus nachvollziehbar, wenn der Gesetzgeber – nicht zuletzt auch aus politischen Gründen – gegen die drohende Verjährung der hochkomplexen Cum-Ex-Fälle vorgeht. Was dabei nicht übersehen werden darf ist allerdings, dass die seit Langem drohende Verjährung bekannt war und aufgrund von mangelndem Personaleinsatz im Wesentlichen hausgemacht ist.

Nichtsdestotrotz müssen Betroffene sich auf die geänderte Gesetzeslage einstellen und sollten frühzeitig eine entsprechende Weichenstellung treffen – einfaches Abwarten scheint bei den nunmehr geltenden Zeiträumen die schlechtere Option zu sein.