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Ob UBER, Airbnb oder Car-Sharing-Modell, das Phänomen „Sharing Economy“ ist inzwischen allgegenwärtig. Dabei steht Sharing Economy für Unternehmen, deren Geschäftskonzept auf einer gemeinsamen, zeitlich begrenzten Nutzung, von Ressourcen besteht, die nicht dauerhaft benötigt werden. Die damit einhergehenden Umsatzerwartungen sind enorm. Insoweit ist es kaum verwunderlich, dass derartige Volumina auch den Fiskus auf den Plan rufen. Anknüpfungspunkt für entsprechende Begehrlichkeiten ist dabei in erster Linie die Umsatzsteuer bzw. die Frage, ob die entsprechende Tätigkeit eine Unternehmereigenschaft begründet, mit der Folge, umsatzsteuerpflichtige Leistungen zu erbringen. Dabei fühlt man sich durchaus in die Zeiten der beginnenden eBay-Euphorie zurückversetzt, auch hier wurde der Fiskus damals rasch aktiv und forderte seinen Anteil am Besteuerungssubstrat ein.
Die zugrunde liegenden Fallkonstellationen sind stets dadurch gekennzeichnet, dass ein Leistungsaustausch mehrerer Transaktionspartner (z. B. Unternehmer mit Letztverbraucher, Letztverbraucher mit Letztverbraucher, Unternehmer mit Unternehmer) untereinander vorliegt. Dabei treten Unternehmen wie Airbnb oder Uber als Vermittler auf und stellen hierfür eine Online-Plattform zur Verfügung, über welche die Transaktion abgewickelt wird. Die jeweiligen Transaktionspartner entrichten hierfür eine entsprechende Servicegebühr an den Betreiber der Plattform.
Aus umsatzsteuerlicher Sicht geht es vorwiegend um folgende Fragestellungen:
Der beratende Ausschuss zur Mehrwertsteuer i. S. v. Art. 398 MwStSystRL („Mehrwertsteuerausschuss“) unter Federführung der Kommission hat sich des Phänomens „Sharing Economy“ angenommen und am 22.09.2015 einen ersten Bericht zu Teilaspekten der umsatzsteuerlichen Behandlung veröffentlicht, wobei er sich hier ausschließlich mit den beiden erstgenannten Fragestellungen beschäftigt hat. Grundsätzlich wurde in diesem Bericht festgehalten, dass ein Marktteilnehmer, der sich für eine von ihm angebotene Leistung einer Plattform bedient, als Unternehmer anzusehen ist. Dies gilt jedoch natürlich nicht in allen Fällen, entscheidend bleibt natürlich auch nach Auffassung des Mehrwertsteuerausschusses die genaue Ausgestaltung im jeweiligen Einzelfall.
Der Mehrwertsteuerausschuss beleuchtet in dem Papier im Wesentlichen zwei Szenarien: Einerseits den Vertrieb über eine professionelle Plattform zur Erzielung von Einnahmen und andererseits den individuellen Austausch von Gütern/ Dienstleistungen im Rahmen eines (reinen) Tauschsystems.
Operiert der Marktteilnehmer zur Erzielung von Einnahmen über eine Plattform, die regelmäßig als Vermittler tätig wird, erkennt der Mehrwertsteuerausschuss darin eine Unternehmereigenschaft im Sinne des europäischen Mehrwertsteuerrechts für den Marktteilnehmer, da er als solcher eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Dabei verweist der Mehrwertsteuerausschuss auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Zusammenhang mit Photovoltaikanlagen (EuGH v. 20.06.2013 C 219/12 - Fuchs). In diesem Verfahren ging es um einen Marktteilnehmer, der eine Photovoltaikanlage betrieb, die eine höhere als die privat genutzte Strommenge produzierte und so erzeugten Strom gegen nachhaltige Einnahmen ins Netz einspeiste. Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei um eine wirtschaftliche Tätigkeit handelte und der Betreiber der Anlage als Unternehmer anzusehen sei.
Komplexer werden die Überlegungen des Mehrwertsteuerausschusses bei Tätigwerden über ein reines Tauschsystem, wie z. B. dem „Tausch“ des selbstbewohnten Hauses während der Ferienzeit oder der Studentenwohnung während eines Auslandssemesters, womit vordergründig keine Einnahmen erzielt werden sollen. Da in diesem Fall das Grundstück nicht über das gesamte Jahr Dritten überlassen wird, sondern nur während eines überschaubaren Zeitraums, sind die Hürden für einen (umsatz)steuerbaren Umsatz i. S. v. § 1 UStG deutlich höher. Sind den getauschten Gütern/Dienstleistungen unterschiedliche Werte beizumessen (z. B. Luxusvilla an einem oberbayrischen See gegen ein Zwei-Zimmer-Appartement in Paris), spricht dies nach Ansicht des Mehrwertsteuerausschusses sogar eher gegen eine wirtschaftliche Tätigkeit. Ähnliches gilt nach Ansicht des Mehrwertsteuerausschusses beim Tausch über ein Poolsystem (beispielsweise „Fahrradreparatur“ gegen „Nachhilfeunterricht“).
Das Beispiel eBay zeigt, dass die Finanzverwaltung Ernst macht, wenn es um die Besteuerung neuer Geschäftsmodelle geht. So gehört es bereits heute zum gängigen Prozedere, dass das Bundeszentralamt für Steuern weitestgehend automatisiert prüft, ob die im elektronischen Geschäftsverkehr tätigen deutschen Unternehmen auch steuerlich registriert sind.1 Hierfür setzt die Finanzverwaltung eine speziell für das Bundeszentralamt für Steuern entwickelte intelligente Suchmaschine ein, mit der periodisch alle im Internet anbietenden und in Deutschland steuerpflichtigen Unternehmer nach fachlicher Vorgabe automatisiert recherchiert werden. Die endgültige Gewissheit über eine mögliche Unternehmereigenschaft liefert ein Abgleich der jeweiligen Treffer mit internen Datenbanken der Finanzverwaltung, in denen alle umsatzsteuerlich erfassten deutschen Unternehmer nachgewiesen sind. Auch an die Beweissicherung hat man gedacht: Sämtliche Aufzeichnungen über nicht steuerlich registrierte Unternehmungen werden beweissicher in einer bei Gericht verwertbaren Form gespeichert und den zuständigen Landesfinanzbehörden übermittelt.
Nicht professionelle Marktteilnehmer der „Sharing Economy“ sollten sich frühzeitig über die steuerliche Behandlung und Risiken informieren. Werden nämlich steuerpflichtige Sachverhalte erst nachträglich aufgedeckt, können die steuerlichen Konsequenzen sehr unbequem sein (u. a. nicht kalkulierte Nachzahlungen, höhere Beratungskosten oder schlimmstenfalls die Einleitung von Steuerstrafverfahren). In einigen Konstellationen können durch das Tätigwerden in Gestalt von Gemeinschaften/ Personengesellschaften die Kleinunternehmer-Regelungen genutzt werden.
Der Beitrag gibt die persönliche Meinung der Autoren zur derzeitigen Rechtslage wieder und enthält lediglich einen Überblick über einzelne Themenkomplexe. Spezielle Umstände einzelner Fallkonstellationen wurden nicht berücksichtigt; diese können durchaus zu abweichenden Betrachtungsweisen und/oder Ergebnissen führen. Der Beitrag kann daher keine rechtliche oder steuerliche Beratung ersetzen. Bitte holen Sie eine auf Ihre Umstände zugeschnittene, weitere Entwicklungen berücksichtigende Empfehlung Ihres Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers ein, bevor Sie Entscheidungen über die in diesem Leitfaden besprochenen Themen treffen. Die Finanzverwaltung und/oder Gerichte können abweichende Auffassungen zu den hier behandelten Themen haben oder entwickeln.