BGH erleichtert Schenkung mietfreier Grundstücke an Minderjährige

Praxistipp Private Clients: BGH, Beschluss vom 18.04.2024, Az. V ZB 51/23

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 18. April 2024 (V ZB 51/23) entschieden, dass die schenkungsweise Übertragung eines mietfreien Grundstücks an minderjährige Kinder gegen Einräumung eines lebenslangen Nießbrauchs rechtlich vorteilhaft sei und entsprechend ohne Genehmigung eines Ergänzungspflegers gültig ist.

Rechtlicher Hintergrund

Bei der Übertragung eines Grundstücks prüft das Grundbuchamt auch die Vertretungsmacht der handelnden Personen. Grundsätzlich können Eltern als gesetzliche Vertreter für ihre Kinder handeln. Dies gilt allerdings nicht, wenn ein Elternteil als Veräußerer oder Schenker auftritt und zugleich als Vertreter des Kindes in der Eigenschaft des Erwerbers agiert. Das Gesetz sieht in einem solchen Fall einen Interessenkonflikt (sog. Insichgeschäft), vor dem der Minderjährige zu schützen ist. Die Eltern sind dann von der Vertretung ausgeschlossen und es bedarf der Genehmigung eines gerichtlich bestellten Ergänzungspflegers. Eine Ausnahme gilt nur, wenn das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen rechtlich vorteilhaft ist.

Sachverhalt

Der zu entscheidende Fall betraf die Übertragung eines mietfreien Grundstücks durch einen Vater an seine minderjährigen Kinder, wobei die Eltern sich gleichzeitig einen lebenslangen Nießbrauch vorbehielten. Das Grundbuchamt forderte für die Eintragung der Auflassung die Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger, da es sich um ein Insichgeschäft handelte und die Eltern als gesetzliche Vertreter der Kinder auftraten. Diese Auffassung wurde vom Kammergericht (KG) bestätigt.

Der BGH hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und wies das Grundbuchamt an, die Eintragung ohne die geforderte Genehmigung vorzunehmen.

Begründung BGH

Seine Entscheidung begründete der BGH damit, dass der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem nicht vermieteten oder verpachteten Grundstück für Minderjährige lediglich rechtlich vorteilhaft im Sinne von § 107 BGB sei und daher keiner Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger bedürfe.

Bei der Beurteilung, ob ein Rechtsgeschäft lediglich rechtlich vorteilhaft sei, bedürfe es einer abstrakt-generellen Betrachtung, so der BGH. Im Falle des Grundstückserwerbs durch Minderjährige bestehe typischerweise kein Bedarf für eine Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger, da eine Gefährdung der Vermögensinteressen des Minderjährigen ausgeschlossen sei. Der BGH stellte klar, dass der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück keine unmittelbaren rechtlichen Nachteile für die Minderjährigen mit sich bringe, da keine neuen Verpflichtungen oder Belastungen für das Vermögen der Minderjährigen entstünden. Dabei hielt der BGH an seiner ständigen Rechtsprechung fest, wonach die Übernahme der laufenden öffentlichen Grundstückslasten typischerweise keine Gefährdung des Minderjährigen mit sich bringe.

Unterschiede bei der Übertragung von Wohnungseigentum

In seinem Beschluss unterschied der BGH zwischen dem Erwerb eines Grundstücks oder Miteigentumsanteils an einem Grundstück und dem Erwerb einer Eigentumswohnung.

Beim Erwerb einer Eigentumswohnung entstünden durch die Mitgliedschaft in einer Wohnungseigentümergemeinschaft erhebliche persönliche Verpflichtungen, die bereits mit dem Eigentumserwerb einsetzten und daher als rechtlich nachteilig zu bewerten seien. Diese Verpflichtungen könnten ein erhebliches Ausmaß annehmen und stünden der Annahme eines lediglich rechtlichen Vorteils entgegen. Der Erwerb einer Eigentumswohnung und der daraus erfolgende Eintritt in eine Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf nach Auffassung des BGH daher stets der Genehmigung eines Ergänzungspflegers.

Fazit

Der BGH erleichtert die vermögensoptimierte Übertragung von weder vermieteten noch verpachteten Grundstücken von Eltern auf ihre Kinder oder von Großeltern auf ihre Enkelkinder. Eine Genehmigung durch einen Ergänzungspfleger ist selbst dann nicht notwendig, wenn die Übertragung unter Vorbehaltsnießbrauch erfolgt.

Die Entscheidung trägt erheblich dazu bei, Steuergestaltungen zu beschleunigen und zu vereinfachen, bei denen die Übertragung von Immobilien an minderjährige Kinder oder Enkelkinder unter Nießbrauchvorbehalt beabsichtigt ist. Ungeklärt ist leider die Frage, ob die Rechtsprechung auch anzuwenden ist, wenn das Grundstück zwar nicht mietfrei ist, Nutzen und Lasten aus der Vermietung per Nießbrauch aber beim Schenker bleiben.