Änderungen beim Abzug von Nachlassverbindlichkeiten
Als steuerpflichtiger Erwerb von Todes wegen gilt der Wert des Erwerbs nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten. Nachlassverbindlichkeiten sind jedoch nicht unbeschränkt, sondern nur nach den Bestimmungen des § 10 Abs. 5 bis 9 ErbStG abzugsfähig. In Fällen der beschränkten Steuerpflicht sind bisher insbesondere nur solche Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig, die mit den Vermögensgegenständen, die der deutschen Besteuerung unterliegen (Inlandsvermögen), in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 10 Absatz 6 Satz 2 ErbStG).
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) steht etwa die Pflicht des Erben zur Erfüllung eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den einzelnen erworbenen Vermögensgegenständen (z.B. zu einer im Inland belegenen Immobilie). Pflichtteilsverbindlichkeiten sind deshalb bei beschränkter Steuerpflicht bislang nicht abzugsfähig. Dies hat der EuGH als europarechtlichen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit eingestuft (Urt. v. 21.12.2021, Rs. C-394/20). Durch den vorliegenden Änderungsentwurf soll die Rechtsprechung des EuGH umgesetzt und eine anteilige Abzugsfähigkeit von Nachlassverbindlichkeiten in Fällen der beschränkten Steuerpflicht geregelt werden. Diese Abzugsfähigkeit soll entsprechend dem Anteil, mit dem der Vermögensanfall der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt, möglich sein.
Beispiel:
Die Eheleute A und B sind deutsche Staatsangehörige. Vor über 10 Jahren verlegten sie ihren Wohnsitz nach Italien. A gehört ein deutsches Grundstück (Wert: 500). Neben dem Grundbesitz besteht das Vermögen des A aus italienischem Bankguthaben und Wertpapieren (Wert: 500). Als A verstirbt, wird B aufgrund eines Testaments Alleinerbin des A. Daneben besteht ein Pflichtteilsanspruch des Sohnes von A aus erster Ehe (S). S hat einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 250. Da der Erwerb der B nach dem ErbStG nur beschränkt auf das in Deutschland belegene Grundvermögen steuerpflichtig ist, war es ihr nach der alten Rechtslage nicht möglich, die Pflichtteilsverbindlichkeit des S (250) von dem in Deutschland steuerpflichtigen Erwerb (500) abzuziehen. Nach der Gesetzesänderung wäre es B nun möglich, den Pflichtteilsanspruch des S anteilig nach dem Verhältnis des in Deutschland steuerpflichtigen Vermögens (500) zum Gesamtwert des Nachlasses (1000) abzuziehen (Verhältnis des in Deutschland belegenen Vermögens beträgt ½, daher ist ½ des Pflichtteils von S = 125 abzugsfähig). Demnach betrüge der steuerpflichtige Erwerb der B in Deutschland nur 375 statt 500.
Die bisher in § 10 Abs.6 S.11 ErbStG enthaltene Regelung wird in den neuen Absatz 6b verschoben.