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Auswirkungen des ISA [DE] 600 (Revised) auf Unternehmen und Prüfer

Die Überarbeitung des ISA 600 (Revised) bringt für Unternehmen, die einer Konzernabschlussprüfung unterliegen, aber auch für die Prüfer weitreichende Veränderungen mit sich. Im Zentrum stehen ein stärkerer Fokus auf die Risikoorientierung und -beurteilung, eine intensivere Zusammenarbeit im Prüfungsteam sowie eine erweiterte Verantwortung des Konzernabschlussprüfers. Diese Neuerungen führen zu einem erhöhten zeitlichen und personellen Aufwand auf allen Seiten und stellen insbesondere international agierende Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Es ist daher unerlässlich, sich frühzeitig mit den neuen Anforderungen auseinanderzusetzen und die internen Abläufe entsprechend anzupassen.

Erweiterte Pflichten

Ein zentrales Element des überarbeiteten ISA 600 ist die verstärkte Fokussierung auf die Identifikation und Bewertung von Risiken wesentlicher falscher Darstellungen auf Ebene der einzelnen Posten eines Konzernabschlusses. Im Rahmen der Festlegung von Konzernprüfungsstrategie und des korrespondierenden Prüfprogramms ist der Konzernabschlussprüfer insbesondere für die Risikobeurteilung nach ISA 315 (Revised 2019) verantwortlich. Dies umfasst die Erlangung eines Verständnisses der vorgenommenen Beurteilungen und Schlussfolgerungen auf Teilbereichsebene. Die Identifizierung und Beurteilung der Risiken wesentlicher falscher Darstellungen im Konzernabschluss sowie des Konsolidierungsprozesses erfordern dabei einen detaillierten Blick sowohl auf Konzernebene als auch auf Teilbereichsebene. Der Konzernabschlussprüfer muss demnach die Teilbereichsprüfer im Einklang mit der festgelegten Prüfungsstrategie vollumfänglich anleiten.


Für Unternehmen bedeutet dies, dass sie umfangreichere und detailliertere Informationen bereitstellen müssen. Die internen Abläufe sind stärker auf die Anforderungen der Risikobeurteilung auszurichten, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden.


Der Standard verlangt zudem, dass Wesentlichkeiten für jeden Teilbereich gesondert bestimmt werden. Die Anforderungen sind dabei skalierbar und richten sich nach Größe und Komplexität des Konzerns. Unternehmen müssen daher rechtzeitig ggf. ihre internen Berichts- und Kontrollstrukturen entsprechend anpassen, um die hierfür notwendigen Informationen sachgerecht liefern zu können.

Neudefinition und Erweiterung des Prüfungsteams

Eine weitere wesentliche Änderung betrifft die konzeptionelle Neuausrichtung des Verständnisses eines konzernweiten Prüfungsteams. Künftig gehören auch die Teilbereichsprüfer zum Konzernprüfungsteam und werden nicht mehr nur als „externe Zuarbeiter“ betrachtet. Die Gesamtverantwortung obliegt dem Konzernabschlussprüfer und im Fall der Zusammenarbeit mit Teilbetriebsprüfern deren Anleitung und Überwachung. Dies bedingt eine engere und stärker strukturierte Einbindung des Konzernprüfungsteams in die Arbeit der Teilbereichsprüfer während der gesamten Prüfungsdurchführung.


Der Konzernabschlussprüfer ist damit umfassend für die Steuerung und Qualität der gesamten Konzernabschlussprüfung verantwortlich. Eine geänderte Definition des Teilbereichsbegriffs ermöglicht dabei zwar eine flexiblere Abgrenzung der Teilbereiche für die Prüfungsplanung und -durchführung. Für die Praxis bedeutet das: Die Interaktion und Kommunikation werden für alle Beteiligten deutlich zunehmen.

Erhöhte Anforderungen an Kommunikation

Mit der Erweiterung des Verantwortungsbereichs des Konzernabschlussprüfers ergeben sich zugleich erhöhte Anforderungen an die Kommunikation und Dokumentation im Rahmen der Konzernabschlussprüfung. Der Prüfungsstandard definiert dabei einzuhaltende Mindestumfänge, die sich insbesondere auf die wechselseitige Kommunikation zwischen Konzernabschlussprüfer und Teilbereichsprüfern über den gesamten Prüfungszeitraum sowie deren Dokumentation beziehen.


Der Konzernabschlussprüfer muss sicherstellen, dass innerhalb des konzernweiten Prüfungsteams alle relevanten Informationen zu identifizierten Risiken wesentlicher falscher Darstellungen und den geplanten Reaktionen auf die beurteilten Risiken ausgetauscht werden. In der Praxis geschieht dies über die Vorgabe konkreter Prüfungshandlungen, mit denen diese Risiken gezielt adressiert werden. Die Anforderungen werden regelmäßig durch den Versand sogenannter „Audit Instructions“ und fortlaufend im Rahmen eines zu definierenden regelmäßigen Austausches (Informations- und Kommunikationsprozess) an alle Teilbereichsprüfer kommuniziert. Diese enthalten zudem klare Reporting-Deadlines, die auch auf Seiten des Unternehmens eine frühzeitige Organisation der internen Abläufe erfordern, damit alle angeforderten Informationen und Unterlagen schnell und vollständig bereitgestellt werden können.


Auch hier werden die Unternehmen gefordert sein, die einzelnen Dienstleister in den unterschiedlichen Teilbereichen mit den hierfür notwendigen Unterlagen und Informationen rechtzeitig zu versorgen.

Neue Dokumentationspflichten

Auch die Dokumentationspflichten für den Konzernabschlussprüfer wurden deutlich ausgeweitet. Die Arbeitspapiere sind nun wesentlich detaillierter und umfassender zu gestalten. In diesem Zusammenhang müssen die Prüfer ihre Prüfungsprozesse an die neuen Anforderungen des ISA 600 (Revised) anpassen. Kombiniert mit den vorstehend genannten neuen Anforderungen bedeutet dies für die Unternehmen, dass sie sich auf eine intensivere Zusammenarbeit mit den Prüfern und ggf. auch auf die höheren Dokumentationsanforderungen einstellen müssen.

Kosten und Effizienz

Die vorstehend erläuterten gestiegenen Anforderungen führen zwangsläufig zu einem höheren Zeit- und Personalaufwand, was sich in steigenden Prüfungsgebühren niederschlagen kann und in den meisten Fällen auch wird. Die Änderungen sollen – so der Standardsetter – die Prüfungsqualität verbessern; sie erfordern jedoch gleichermaßen mehr Zeit und führen zu höheren Kosten für alle Beteiligten.


Unternehmen können jedoch durch eine vorausschauende Planung und enge Abstimmung mit den Prüfern dazu beitragen, die Kosten im Rahmen zu halten. Es kann daher sinnvoll sein, für die gesamte Unternehmensgruppe und ihre Teilbereiche möglichst Prüfer mit starken Partnern zu beauftragen, um die Effizienz zu steigern und Kommunikationsprobleme auf ein minimales Maß zu reduzieren bzw. zu vermeiden. PSP München ist seit 1991 Mitglied bei DFK International (www.dfk.com) und seit 2022 bei LEA Global (www.leaglobal.com). Beide Assoziationen ermöglichen einen weltweiten, partnerschaftlichen Austausch bei voller Eigenständigkeit der globalen Mitglieder.


Die Überarbeitung des ISA 600 führt zu einer deutlichen Veränderung der Anforderungen an die Konzernabschlussprüfung. Prüfer und Unternehmen müssen sich auf einen deutlich erhöhten organisatorischen und zeitlichen Aufwand einstellen. Besonders international tätige Unternehmen stehen vor der Aufgabe, ihre Prozesse und Strukturen an die neuen Vorgaben anzupassen. Eine frühzeitige und enge Zusammenarbeit mit den Prüfern ist daher unerlässlich, um die gestiegenen Anforderungen effizient und kostenbewusst zu erfüllen.