Commercial Courts in Deutschland

Deutschland soll ein attraktiverer Gerichtsstandort für Handelsstreitigkeiten werden. Denn obwohl die deutsche Gerichtsbarkeit international für ihre Qualität, Unabhängigkeit und Kosteneffizienz Anerkennung genießt, werden komplexe Handelsstreitigkeiten häufig vor Schiedsgerichten oder im Ausland ausgetragen. Dies zu erreichen, ermächtigt seit dem 1. April 2025 das „Justizstandorts-Stärkungsgesetz“ die Landesregierungen zur Einrichtung spezialisierter Spruchkörper für komplexe wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten, die auch auf Englisch verhandeln.

Erste Bundesländer haben bereits reagiert: Seit April 2025 gibt es Commercial Courts in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen. In Bayern und Hessen haben die spezialisierten Senate ihre Tätigkeit im Juni 2025 aufgenommen.

Definition Commercial Courts

Commercial Courts sind spezialisierte Senate der Oberlandesgerichte, die sich ausschließlich mit bestimmten wirtschaftsrechtlichen Streitigkeiten ab einem Streitwert von EUR 500.000 befassen. Die Zuständigkeit des Commercial Courts wird durch eine entsprechende Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien begründet. Die Commercial Courts sind – obwohl sie beim Oberlandesgericht angesiedelt sind – erstinstanzlich zuständig. Einziges Rechtsmittel ist die Revision zum Bundesgerichtshof -  allerdings unter erleichterten Zulässigkeitsvoraussetzungen als in regulären zivilrechtlichen Verfahren.

Eine Alternative zur Schiedsgerichtsbarkeit?

Dass komplexe internationale, wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten häufig vor Schiedsgerichten ausgetragen werden, ist bekannt. Als besondere Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit gilt die hohe Expertise der spezialisierten Richter, sowie die Internationalität und Vertraulichkeit der Verfahren. Diese Vertraulichkeit geht allerdings häufig mit mangelnder Transparenz einher. Schiedssprüche sind nur in absoluten Ausnahmefällen durch ordentliche Gerichte überprüfbar, eine wirkliche Rechtsmittelinstanz fehlt völlig. Auch die Einbeziehung dritter Parteien ist selten möglich. Die Kosten eines Schiedsverfahrens liegen zudem regelmäßig weit jenseits der Kosten eines staatlichen Gerichtsverfahrens – und dies wie gesagt ohne Rechtsmittelmöglichkeit.

Die Commercial Courts bieten die Möglichkeit, internationale Streitfälle in englischer Sprache und nach Vorbild der Schiedsverfahrenspraxis zu verhandeln. Damit stellen sie eine echte Alternative zur Schiedsgerichtsbarkeit dar. Denn Commercial Courts sind Teil der staatlichen Gerichtsbarkeit und damit in einen Instanzenzug eingebunden, in dem der Öffentlichkeitsgrundsatz gilt. Urteile sind nach dem nationalen Recht vollstreckbar und unterliegen den nationalen Gebührenordnungen. Damit stellen sich viele Probleme der Schiedsgerichtsbarkeit nicht.

Entwicklung des Gerichtssystems

Die Einführung der Commercial Courts in Deutschland ist ein wichtiger Schritt zur Modernisierung und Internationalisierung des Gerichtssystems. Unternehmen sollten diese Entwicklung im Rahmen der Vertragsgestaltung berücksichtigen, insbesondere als echte Alternative zur Schiedsklausel. Wie sich die Commercial Courts in der Praxis bewähren, bleibt abzuwarten. Aber es ist ein längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung.