Anforderungen des ISA [DE] 600 (Revised)
Der International Standard on Auditing (ISA) 600 gilt als der zentrale Prüfungsstandard für Konzernabschlussprüfungen. Der Hauptfachausschuss des IDW (HFA) hat im Oktober 2024 den um nationale Besonderheiten angepassten ISA 600 (Revised) „Besondere Überlegungen – Konzernabschlussprüfungen (einschließlich der Tätigkeit von Teilbereichsprüfern)“ verabschiedet. Mit den Folgeänderungen wurde der Standard in die deutschen Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung (GoA) übernommen. Das Hauptziel der Überarbeitung ist die Verbesserung der Qualität, Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Konzernabschlussprüfungen. Zudem wurden zwei Teile an Fragen und Antworten zum ISA [DE] 600 (Revised) vom Arbeitskreis „ISA-Implementierung“ des IDW veröffentlicht. Nachfolgend werden die grundlegenden Neuerungen bei der Konzernabschlussprüfung im Überblick dargestellt. Der Prüfungsstandard ist für alle Prüfungen von Konzernabschlüssen verpflichtend anzuwenden, deren Geschäftsjahr am oder nach dem 15. Dezember 2024 beginnt.
„Konzernweites Prüfungsteam“
Eine wesentliche Änderung des ISA [DE] 600 ist die konzeptionelle Neuausrichtung des Begriffs „Konzernweites Prüfungsteam“. Damit wird das aus den Qualitätsmanagementstandards stammende Konzept eines einheitlich agierenden Teams für den gesamten Konzern konsequent umgesetzt. Betroffen davon ist insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Konzernabschlussprüfer und Teilbereichsprüfern. Künftig gehören auch die Teilbereichsprüfer zum Konzernprüfungsteam und werden nicht mehr als externe „Zuarbeiter“ betrachtet. Der Konzernabschlussprüfer trägt dabei die Gesamtverantwortung – einschließlich Anleitung, enger Zusammenarbeit und Überwachung der Teilbereichsprüfer. Das bedingt eine engere und stärker strukturierte Einbindung des Konzernprüfungsteams in die Arbeit der Teilbereichsprüfer während der gesamten Prüfungsdurchführung.
Für die Praxis heißt das: Die Interaktion und Kommunikation wird für alle Beteiligten deutlich zunehmen, wodurch in den kommenden Konzernabschlussprüfungen ein Mehraufwand entstehen wird. So werden beispielsweise zusätzliche Abstimmungstermine eingeführt, bei denen neben dem Konzernabschlussprüfer und den Teilbereichsprüfern auch die Beteiligung des Konzernmanagements erforderlich sein kann – etwa um Informationen über Teilbereiche zeitnah bereitzustellen, Meetings zu koordinieren oder den Zugriff auf Unterlagen und Systeme zu ermöglichen. Häufig ist auch die Teilnahme des Konzernabschlussprüfers an Terminen mit dem Teilbereichsmanagement erforderlich. Darüber hinaus ist die Durchsicht der Arbeitspapiere der Teilbereichsprüfer ein gängiges Instrument des Konzernabschlussprüfers, um ein Verständnis darüber zu erlangen, ob die im erweiterten Konzernprüfungsteam vorgenommenen Beurteilungen und Schlussfolgerungen vor dem Hintergrund der Art, Komplexität und des Umfangs des Prüfungsauftrags sachgerecht sind.
Der Konzernabschlussprüfer muss entsprechend sicherstellen, dass innerhalb des konzernweiten Prüfungsteams alle relevanten Informationen zu identifizierten Risiken wesentlicher falscher Darstellungen und den geplanten Reaktionen auf die beurteilten Risiken ausgetauscht werden. In der Praxis geschieht dies über die Vorgabe konkreter Prüfungshandlungen, mit denen diese Risiken gezielt adressiert werden. Damit wird der Teilbereichsprüfer faktisch zu einem weisungsgebundenen Mitglied des Konzernprüfungsteams. Die Anforderungen werden regelmäßig durch den Versand sogenannter Audit Instructions an alle Teilbereichsprüfer kommuniziert. Diese enthalten zudem klare Reporting-Deadlines, die auch auf Seiten des Mandanten eine frühzeitige Organisation der internen Abläufe erfordern, damit alle angeforderten Informationen und Unterlagen schnell und vollständig bereitgestellt werden können.
Risikobeurteilung
Ein weiteres zentrales Element des überarbeiteten ISA [DE] 600 sind die erweiterten Anforderungen an die Risikobeurteilung. Der Konzernabschlussprüfer ist fortan neben der Risikoidentifizierung auch für die Risikobeurteilung wesentlicher falscher Darstellungen im Sinne des ISA [DE] 315 (Revised 2019) und der Erlangung eines Verständnisses der vorgenommenen Beurteilungen und Schlussfolgerungen auf Teilbereichsebene verantwortlich. Demnach steuert der Konzernabschlussprüfer die Identifizierung und Beurteilung der Risiken wesentlicher falscher Darstellungen im Konzernabschluss mitsamt des Konsolidierungsprozesses. Das erfordert einen zunehmenden Detailblick, zunächst auf Konzernebene und nachgelagert auf Teilbereichsebene, um eine Risikobeurteilung innerhalb des Konzerns vorzunehmen und die Teilbereichsprüfer im Einklang mit der festgelegten Prüfungsstrategie anzuleiten.
Fazit
Die Überarbeitung des ISA [DE] 600 bringt zahlreiche Änderungen, die auf eine stärkere Risikoorientierung, eine intensivere Zusammenarbeit im Prüfungsteam und eine erhöhte Verantwortung des Konzernabschlussprüfers abzielen. Die gestiegenen Anforderungen werden in jedem Fall zu einem höheren zeitlichen und personellen Aufwand für alle Beteiligten führen. Zudem können die neuen Anforderungen insbesondere bei international aufgestellten Konzernen eine erhebliche Herausforderung darstellen. PSP München ist durch die Mitgliedschaft in den internationalen Netzwerken DFK International (www.dfk.com) und LEA Global (www.leaglobal.com) bestens positioniert, um diesen Anforderungen gerecht zu werden.
Vor dem Hintergrund der anstehenden Prüfungssaison ist es essenziell, sowohl auf Prüfer- als auch auf Unternehmensseite, sich mit den Auswirkungen der überarbeiteten Anforderungen des neuen ISA [DE] 600 (Revised) auseinanderzusetzen. Wir empfehlen, sich frühzeitig mit den neuen Anforderungen vertraut zu machen.