Nachbericht zum 7. Round Table „Tax & AI“
Auf Einladung von Prof. Dr. Thomas Egner (Otto-Friedrich-Universität Bamberg) und Stefan Groß (PSP München) kamen im Juni über 40 Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Berufsstand, Finanzverwaltung und Gerichtsbarkeit zum 7. Round Table nach München, der sich in diesem Jahr auf das Thema „Tax-AI“ fokussierte.
Den Inhalt der Tagung bildeten die drei Themenblöcke „KI – Co-Workers in Tax“, „KI & Tax – Next Level – Daniel2“ und „KI – Mensch Maschine 2.0“. Über Impulsvorträge wurde in die Themenblöcke eingeführt, um anschließend mit den Teilnehmern im Plenum darüber zu diskutieren.
KI – Co-Workers in Tax
Unter der Moderation von Stefan Groß übernahm Michael Schneider (Mercedes-Benz Group) den Auftakt der Impulsvorträge mit dem Thema „Tax-AI trifft auf DAX-Steuerabteilung“. Die Zielsetzung für den Einsatz von KI muss in der prozessintegrierten Anwendung liegen, die bisher aber noch kaum realisiert werden konnte, so Michael Schneider. Während der Einsatz der KI als persönliche Assistenz als etabliert angesehen werden kann, sind bei der Fachassistenz zwar gute Ansätze vorhanden, jedoch fehlt es häufig noch an der Präzision der Ergebnisse. Um die Zielsetzung zeitnah zu erreichen, erscheint eine stufenweise Vorgehensweise sinnvoll. Dabei sollten jedoch realistische Erwartungen vermittelt werden. Im Mittelpunkt steht grundsätzlich die Datenqualität und die Zugänglichkeit der Daten. Zudem müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr Prozess- und Schnittstellenverständnis vertiefen, um mittels Change Management die Akzeptanz der KI zu erhöhen. Erst dann kann eine Skalierung des Einsatzes erfolgen.
Anschließend gab Steffen Kirchhoff (Taxy.io) spannende Einblicke, wie die KI von Taxy.io die Steuerberaterprüfung bestehen konnte. Nachdem 2023 ChatGPT die Steuerfachangestelltenprüfung bestanden hat, konnte 2025 „Taxy.io Answers“ die Steuerberaterprüfung erfolgreich absolvieren – und das mit ausgezeichneten Ergebnissen in den Teilprüfungen von 2,0 bis 4,0. Zum Einsatz kamen spezialisierte KI-Agenten für die einzelnen steuerlichen Subthemen sowie domänenspezifische Wissensdatenbanken. Diese Technologie sollte gerade bei komplexen Fragestellungen zu einer deutlichen Verbesserung der Lösungsqualität führen. Steffen Kirchhoff nennt auch die nächsten möglichen Meilensteine in der Entwicklung: Bestehen KI-Sprachassistenten auch die mündliche Steuerberaterprüfung und kann die KI auch komplexe Steuergestaltungen entwickeln? Dies wird sich in den nächsten Jahren zeigen.
KI & Tax – Next Level – Daniel2
Den zweiten Themenblock eröffnete Daniel Scherzer (plAIground) mit seinem Vortrag „Next step AI Agents“, der sich inhaltlich unmittelbar an den ersten Themenblock anschloss. Ausgehend vom traditionellen Large Language Model (LLM) wurde über Reasoning Models zum Agent Model übergeleitet. Wie Daniel Scherzer aufzeigt, verwenden „Agents“ Werkzeuge und Application Programming Interfaces (APIs) selbständig und können somit auch mehrstufige und komplexe Aufgaben lösen, aber auch Interaktionen mit dem Menschen betreiben, was insbesondere auch Nachfragen ermöglicht. Multi-Agenten-Systeme verbessern die Ergebnisse noch einmal deutlich. Im nächsten Schritt werden Entwicklungen auf Basis des Model Context Protocol (MCP) vorgestellt, einem offenen Standard für die Kommunikation zwischen KI-Modellen und externen Tools. LLMs werden dadurch in die Lage versetzt, mit APIs und Datenbanken flexibel zu interagieren.
Anschließend übernahm Daniel Eilenbrock (AUDIPY), Gesellschafter der Semitax GmbH, zum Thema „KI trifft Data Analytics“. Eine Frage, die noch zu Beginn der KI-Revolution gestellt wurde, war, ob Sprachmodelle auch mit Zahlen umgehen können. Inzwischen gewinnen KI-Anwendungen zur Datenanalyse mit enormer Geschwindigkeit an Bedeutung. Datenvisualisierung mittels Power BI ist mittlerweile weit verbreitet. Wie aber gestaltet sich die Datenanalyse durch KI? Auch hier steht die Verknüpfung verschiedener Modelle im Vordergrund: DeepSeek, Mistral AI oder GPT4AII (Offline Modell). Das Besondere bei AUDIPY ist, dass sämtliche Daten lokal auf dem Anwenderrechner verarbeitet und nur Strukturinformationen an einen externen Server weitergeleitet werden, weshalb das Modell auch aus datenschutzrechtlicher Perspektive interessant ist.
Den dritten Part übernahm Prof. Dr. Rainer Bräutigam (DHBW Mosbach) mit einem Referat zu „AI-Chat trifft Data“. Rainer Bräutigam prägte den Vortrag mit der Aussage „Überprüfen kann nur, wer grundlegende Datenkenntnisse beherrscht!“ Das ist auch Basis seines Lehrkonzepts an der DHBW Mosbach, das sich aus der Verbindung von Prozessverständnis und Datenkompetenz zusammensetzt. Im nächsten Schritt erfolgt die Entwicklung eines Dashboards zur Kennzahlenbildung. Um allerdings Hypothesen bilden zu können, sind grundlegende steuerliche Kenntnisse von Relevanz, sodass ausschließlich technische Kenntnisse nicht zum Erfolg führen.
Die Moderation der Vorträge und der Diskussion erfolgte durch Michel Braun (WTS).
KI – Mensch Maschine 2.0
Der letzte Themenblock unter der Moderation von Thomas Egner widmete sich dem Zusammenspiel von Mensch und Maschine in Zeiten von KI. Fabian Mantsch (Taxpeer) eröffnete diesen Themenblock mit der Anwendung von KI in der steuerlichen Ausbildung. Ausgehend von den Pilotversuchen einer digitalen Steuerberaterprüfung, mit dem profanen, aber nicht unwichtigen Vorteil, dass das handschriftliche Ablegen (und das Korrigieren!) der Prüfung überflüssig werden würde, steht die Frage nach dem personalisierten Lernen mittels KI im Mittelpunkt. Die Geschwindigkeit des Lernens und die Komplexität der Themen können an die individuelle Situation des Lernenden angepasst werden, so Fabian Mantsch. Im Rahmen der Lernkontrolle kann regelmäßig eine Nachjustierung erfolgen, sodass die Vorbereitungskurse auf das Steuerberaterexamen individualisiert werden. Selbstredend lässt sich dies auch auf andere Themenbereiche jenseits des Steuerrechts übertragen und könnte auch die Ausbildung in Hochschulen revolutionieren.
Unter dem Titel „KI trifft Krypto“ referierte abschließend Matthias Steger (Bitcoin Steuerberater) über den Einsatz von KI im Rahmen von Expertensystemen bezüglich verschiedenster Fragestellungen rund um Kryptowährungen. Aus steuerlicher Sicht erscheint das „Accounting“ für die Belegführung gegenüber der Finanzverwaltung sowie ein „TaxTobi.AI“ als Experte für steuerliche Standardfragen als besonders interessant. Probleme bereitet der Künstlichen Intelligenz dabei die zeitliche Dimension, beispielsweise wenn sich Anlagezeiträume über mehrere Veranlagungszeiträume mit sich verändernden steuerlichen Regelungen hinauszögern.
Zum Abschluss, vor der Möglichkeit, im Rahmen eines Get-together den Austausch fortzusetzen, fasste Stefan Groß die Ergebnisse des Tages noch einmal zusammen und stellte das neue „TAXPUNK Universe“ (www.taxpunk.de/) vor, das am selben Tag online ging.
Key Learnings
KI-Agenten haben sich in der persönlichen Assistenz durchgesetzt und sind auch in der Fachassistenz inzwischen weit verbreitet. Prozessintegrierte Anwendungen stehen demgegenüber erst am Anfang.
Die Datenanalyse durch KI-Systeme ist nicht nur möglich, sondern etabliert sich zunehmend.
Die Verbindung spezialisierter KI-Agenten verbessert die Lösungsqualität auch für komplexe Problemstellungen, sodass auch die Steuerberaterprüfung inzwischen durch KI bestanden werden kann.
Die Ergebnisse der KI-Agenten bedürfen weiterhin der Überprüfung durch den Menschen. Dazu sind vor allem Daten- und Prozesskompetenz wichtige Erfolgsfaktoren.
Individualisiertes Lernen wird die Aus- und Fortbildung revolutionieren, setzt aber digitale Prüfungsformen voraus, da die Lesekompetenz der KI noch nicht ausreichend entwickelt ist.
KI-Agenten sind zu einer wertvollen Unterstützung bei der Lösung komplexer Steuerfälle geworden, Probleme bereitet jedoch noch die zeitliche Dimension sich ändernder Steuervorschriften.