Risiken bei der Umdeckung von D&O Versicherungen
Wenn Makler oder Broker eine Umdeckung von bereits bestehenden D&O Versicherungen anbieten, ist Vorsicht geboten. Warum?
Unter einer Umdeckung versteht man in der Versicherungswirtschaft den Wechsel von einem Versicherer auf einen anderen - dies grundsätzlich bezogen auf ein bestimmtes Versicherungsprodukt, z. B. einen Industriehaftpflichtversicherungsvertrag oder eben auch einen bestehenden D&O Versicherungsschutz. Dies erfolgt dann entweder zum Ende der entsprechenden Versicherungsperiode, also dem Auslauf des Versicherungsvertrages, oder durch eigenständige (ordentliche) Kündigung des Versicherungsvertrages.
Gründe für eine Umdeckung
Die Gründe für eine Umdeckung können vielschichtig sein, sei es, dass der Kunde mit dem Leistungsverhalten des bisherigen Versicherers nicht zufrieden war, ein besserer Versicherungsschutz angeboten wird oder schlicht Versicherungsprämien eingespart werden sollen.
Welche Risiken bestehen?
Bei D&O Versicherungen sollte bei Umdeckungen stets genau geprüft werden, um mögliche Deckungslücken (= fehlender Versicherungsschutz) zu vermeiden. Dies liegt vornehmlich an der besonderen Struktur einer D&O Versicherung. Mit ihr wird das Risiko von Organmitgliedern (Geschäftsführung/Vorstand/Beirat/Aufsichtsrat) und - je nach Policierung - leitenden Mitarbeitern gegen Haftungsansprüchen des eigenen Unternehmens oder Dritter abgesichert. Auch die Tätigkeit als Mitglied eines Gläubigerausschusses im Rahmen eines Insolvenzverfahrens eines Unternehmens kann über eine D&O Police versichert werden. Abgeschlossen wird die D&O Versicherung von dem Unternehmen, versichert sind aber die versicherten Personen.
Anders als bei der „herkömmlichen“ Haftpflichtversicherung wird der Versicherungsfall in der D&O Versicherung nicht durch einen haftungsbegründenden Verstoß oder ein haftungsbegründendes Ereignis ausgelöst. Vielmehr gilt in der D&O Versicherung das sog. Claims-made-Prinzip. Dies bedeutet: Der Versicherungsfall wird durch die Inanspruchnahme der versicherten Person ausgelöst, gleich wann das haftungsbegründende Ereignis oder der Pflichtenverstoß stattgefunden haben soll.
So weit so gut, könnte man meinen. Wo genau liegt nun das Problem? Ich muss ja nur versichert sein zu dem Zeitpunkt, zu dem mir gegenüber Ansprüche geltend gemacht werden.
Richtig, nur leider nicht ganz. Denn der „neue“ D&O Versicherer will natürlich kein „Wespennest“ versichern, bei dem es nur eine Frage der Zeit ist, wann – um im Bild zu bleiben – „zugestochen wird“. So sehen D&O Versicherungen zwar häufig von vorneherein eine Rückwärtsversicherung bzw. Rückwärtsdeckung vor, dies aber eben nicht uneingeschränkt. Danach soll sich der Versicherungsschutz zwar auch auf Versicherungsfälle aufgrund von vor Vertragsbeginn begangenen Pflichtverletzungen der versicherten Person erstrecken. Dies bedeutet: Bei Bestehen einer Rückwärtsversicherung sind auch Ansprüche vom Versicherungsschutz erfasst, die auf Pflichtverletzungen beruhen, welche vor Vertragsschluss begangen wurden, wenn sie während der Vertragsdauer erstmalig geltend gemacht werden (entsprechend dem Claims-made-Prinzip).
Indes enthalten Rückwärtsversicherungen auch Beschränkungen, etwa in Form zeitlicher Begrenzungen. So werden ausschließlich Pflichtverletzungen erfasst, die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes vor Versicherungsbeginn (zwei oder fünf Jahre) begangen worden sind. Inhaltlich ist eine Rückwärtsversicherung in den allgemeinen Versicherungsbedingungen der meisten Anbieter ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person die Pflichtverletzung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses kannte oder „hätte kennen müssen“. Damit führt auch fahrlässige Unkenntnis der Pflichtverletzung zum Ausschluss des Versicherungsschutzes.
Umstandsanzeige schafft Sicherheit
Abhängig von der Reichweite der Rückwärtsversicherung des „neuen“ D&O Versicherers ist daher vor der Durchführung der Umdeckung kritisch zu hinterfragen, ob es Sachverhalte gibt, die in die Versicherungsperiode des bisherigen D&O Versicherers fallen. Ist das der Fall, sollte erwogen werden, ob vor der Umdeckung von einer sog. Umstandsanzeige („Notice of Circumstance-Regelung“) Gebrauch gemacht wird. Danach haben die versicherten Personen die Möglichkeit, konkrete Umstände zu melden, die eine spätere Inanspruchnahme dieser Personen als hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Meldung hat dann zur Folge, dass im Fall der späteren Inanspruchnahme der Versicherungsfall als zu dem Zeitpunkt der Meldung der Umstände eingetreten gilt.