Verschiebung der Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen?!

Folgen des COVID-19 Ausbruchs

Aufgrund der COVID-19-Pandemie hat die EU Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Verlängerung der Meldefristen im Rahmen der Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen veröffentlicht. Wir stellen Ihnen die wesentlichen Inhalte vor.

Der Ausbruch und die Eindämmung von COVID-19 stellen beispiellose Anforderungen an Unternehmer, Unternehmen und ihre Berater. Neben vielen Sofortmaßnahmen, wie beispielsweise Steuerstundungen oder Liquiditätshilfen, sollen auch administrative Entlastungen für Abhilfe sorgen. Eine solche Maßnahme betrifft die Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen. Entsprechend eines Richtlinienentwurfs der EU-Kommission vom vergangenen Freitag sollen diesbezügliche Meldefristen, die derzeit ab dem Sommer 2020 einzuhalten wären, zeitlich aufgeschoben werden.

Die Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltung ist in Deutschland in den §§ 138d bis 138k AO verankert und ab dem 01.07.2020 anzuwenden. Die EU-Richtlinie, auf der die deutsche Regelung basiert, sieht vor, dass steuerliche Gestaltungen, die bestimmte Merkmale aufweisen und ein grenzüberschreitendes Element beinhalten, vom sogenannten Intermediär oder von dem Nutzer der Gestaltung an die Finanzbehörde gemeldet werden müssen. Die eigentliche Meldepflicht sollte spätestens ab dem 01.07.2020 bestehen. Zum aktuellen Stand der Umsetzung der Anzeigepflicht in Deutschland möchten wir Sie gerne auf unseren PSP News-Beitrag vom 10.03.2020 sowie auf unser PSP-Webinar vom 30.04.2020 hinweisen.

Frist zur Abgabe der Meldung grundsätzlich 30 Tage

Gestaltungen, bei denen das meldepflichtige Ereignis – also beispielsweise die Bereitstellung der Gestaltung durch einen Berater – ab dem 01.07.2020 eintritt, sind gemäß § 138f AO grundsätzlich innerhalb von 30 Tagen nach Eintritt des meldepflichtigen Ereignisses an das BZSt zu melden. Das meldepflichtige Ereignis ist der früheste Zeitpunkt, an dem entweder die Gestaltung durch einen Intermediär zur Umsetzung bereitgestellt wurde, der Nutzer zur Umsetzung bereit ist oder den ersten Schritt der Umsetzung gemacht hat. Die Anzeigepflicht betrifft auch Gestaltungen, deren erster Schritt zwischen dem 24.06.2018 und dem 30.06.2020 umgesetzt wurde. Für diese sog. „Altfälle“ sieht § 33 EGAO in der aktuell gültigen Fassung vor, dass die entsprechenden Meldungen innerhalb von 2 Monaten ab dem 30.06.2020, also bis zum 31.08.2020, abzugeben sind. Die Überschreitung der Meldefrist wie auch das Unterlassen einer Meldung stellt zumindest für die Gestaltungen, die keine Altfälle darstellen, eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu EUR 25.000 bewehrt werden kann.

Verlängerung der Frist für die Meldung

Aufgrund von Verzögerungen bei der technischen Umsetzung hatte die deutsche Finanzverwaltung bereits angekündigt, dass verspätete Meldungen, die bis zum 30.09.2020 an das BZSt übermittelt werden, nicht geahndet werden sollten. Veranlasst durch die COVID-19-Pandemie hat die EU-Kommission nach einem informellen Treffen am 29.04.2020 nun eine Verlängerung der Fristen für die Meldungen vorgeschlagen, wobei die grundsätzliche Anzeigepflicht unberührt bleibt.

Der entsprechende Richtlinienentwurf sieht zunächst eine Verlängerung von jeweils 3 Monaten vor:

  • Für Altfälle soll die Meldefrist vom 31.08.2020 bis zum 30.11.2020 verlängert werden.

  • Für Steuergestaltungen, deren erstes meldepflichtiges Ereignis nach dem 30.06.2020 erfolgt, soll die Frist von 30 Tagen für die Anzeige erst ab dem 01.10.2020 und nicht bereits ab dem 01.07.2020 beginnen. Die ersten Meldungen wären somit bis zum 31.10.2020 abzugeben.

Aufgrund der noch unklaren, weiteren Entwicklungen der COVID-19-Pandemie enthält der Richtlinienentwurf zudem eine Möglichkeit für die EU-Kommission, die Meldefristen durch direkten Rechtsakt ein weiteres Mal um maximal 3 Monate zu verlängern.

Fazit

Ein Aufschub der gesetzlichen Meldepflichten wurde von vielen Beteiligten gefordert und ist in der aktuellen Situation sicherlich auch angemessen. Da sich die Vertreter der Mitgliedsstaaten dem Vernehmen nach einhellig für den Richtlinienentwurf ausgesprochen haben, ist eine baldige Verabschiedung als Richtlinie zu erwarten. Die Richtlinie muss dann kurzfristig in nationales Recht umgesetzt werden, um in Deutschland noch rechtzeitig vor Ende der derzeit gesetzlich vorgesehenen Meldefristen wirksam zu werden.

Nicht vergessen werden sollte, dass die Maßnahme lediglich zu einem zeitlichen Aufschub führen wird. Dieser Aufschub sollte von allen Beteiligten genutzt werden: Zum einen sollten Meldepflichtige die zusätzliche Zeit nutzen, um Prozesse für die Beurteilung von Steuergestaltung sowie die Erfüllung der korrespondierenden Meldepflicht rechtzeitig zu implementieren um Bußgelder zu vermeiden. Andererseits wäre es sehr wünschenswert, wenn auch die Finanzverwaltung diese Verzögerung nutzt, um den meldepflichtigen Unternehmen, Privatpersonen und Intermediären orientierungsstärkere Leitlinien zu vielen auslegungsbedürftigen Begrifflichkeiten in der gesetzlichen Umsetzung an die Hand zu geben, als es beispielsweise der bisherige Entwurf eines BMF-Schreibens vorsieht.