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Steuerliche Auswirkungen der neuen IDW-Kapitalkostenempfehlung

Werden im Rahmen der (vorweggenommenen) Erbfolge Unternehmen auf die nächste Generation übertragen, so hat auf den maßgeblichen Stichtag eine steuerliche Bewertung zu erfolgen. In diesem Zusammenhang werden oftmals Wertgutachten durch Wirtschaftsprüfer auf Grundlage einer kapitalwertorientierten Unternehmensbewertung erstellt. Der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat in seiner Sitzung am 16. September 2025 – erstmals seit dem Jahr 2019 – eine neue Bandbreitenempfehlung für die Marktrisikoprämie beschlossen, welche sich auf den Kapitalisierungszinssatz der kapitalwertorientierten Unternehmensbewertung auswirkt. Nachfolgend wird zunächst ein Überblick über die Regelungen zur Bewertung von Unternehmen zum Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer gegeben. Im Anschluss daran werden die erwarteten Auswirkungen der neuen Kapitalkostenempfehlung auf Wertgutachten ins Auge gefasst.

Steuerliche Unternehmensbewertung

Die Ermittlung von steuerlichen Unternehmenswerten richtet sich nach dem Bewertungsgesetz (BewG). Bei börsennotierten Unternehmen wird der Unternehmenswert anhand der im regulierten Markt notierten Stichtagskurse festgelegt. Bei nicht börsennotierten Unternehmen wird der Wert vorrangig aus Veräußerungsvorgängen mit fremden Dritten abgeleitet, sofern diese innerhalb eines Jahres vor dem maßgeblichen Stichtag erfolgt sind. Liegen Veräußerungsvorgänge nicht vor, so erfolgt die Bewertung anhand des vereinfachten Ertragswertverfahrens oder alternativ mittels eines Wertgutachtens. Zu beachten ist dabei, dass die Finanzverwaltung bei beiden Vorgehensweisen den steuerlichen Substanzwert als Wertuntergrenze ansieht. Beim Substanzwert handelt es sich, vereinfacht gesprochen, um das zu steuerlichen Verkehrswerten bewertete Eigenkapital des Unternehmens.


Für den Steuerpflichtigen stellt sich daher oftmals die Frage, ob die Unternehmensbewertung anhand des vereinfachten Ertragswertverfahrens oder eines Wertgutachtens erfolgen soll.

Vereinfachtes Ertragswertverfahren

Das vereinfachte Ertragswertverfahren ist im Bewertungsgesetz geregelt. Ausgangspunkt der Bewertung ist der Jahresertrag, welcher anhand der durchschnittlichen steuerbilanziellen Jahresergebnisse der letzten drei vor dem Stichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre und unter Berücksichtigung von Korrekturen zu ermitteln ist. Der Unternehmenswert errechnet sich anschließend aus der Multiplikation des Jahresertrags mit einem pauschalen Kapitalisierungsfaktor von 13,75. Besonderheiten ergeben sich u. a. bei der Bewertung von Unternehmensgruppen und nicht betriebsnotwendigem Vermögen. Der Vorteil des vereinfachten Ertragswertverfahrens liegt in der vergleichsweise unkomplizierten Wertermittlung. Die starke Vergangenheitsorientierung führt jedoch bei Unternehmen, welche in der Vergangenheit deutlich bessere Ergebnisse erzielen konnten, regelmäßig zu überhöhten Unternehmenswerten.

Ziel: Angemessene Wertfeststellung

In den vorgenannten Fällen wird oftmals die Erstellung eines Wertgutachtens durch einen Wirtschaftsprüfer in Erwägung gezogen, um eine angemessenere Wertfeststellung zu erreichen. Die Bewertung erfolgt bei operativ tätigen Unternehmen in der Regel anhand des IDW Standards „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ (IDW S1). Der Unternehmenswert ermittelt sich dabei zukunftsorientiert anhand der geplanten künftigen finanziellen Überschüsse, welche auf den Bewertungsstichtag mittels eines festzulegenden Kapitalisierungszinssatzes diskontiert werden.


Der Kapitalisierungszinssatz hat dabei einen wesentlichen Werteinfluss. Ein niedriger Zinssatz führt zu einer schwächeren Diskontierung der künftigen finanziellen Überschüsse und damit zu einem höheren Unternehmenswert. Der Kapitalisierungszinssatz ergibt sich aus dem risikolosen Basiszinssatz zuzüglich eines Risikoaufschlags für das Marktrisiko (Marktrisikoprämie) und einer Anpassung an das unternehmensindividuelle Risiko (Betafaktor). Die Marktrisikoprämie wird unter Berücksichtigung der Empfehlungen des FAUB festgelegt. Bislang galt eine Bandbreitenempfehlung aus 2019 von 6,0 % bis 8,0 % vor persönlichen Steuern (Mittelwert: 7,0 %). In seiner Sitzung am 16. September 2025 hat der FAUB aufgrund der Entwicklung des Zinsniveaus sowie der gesunkenen impliziten Renditeerwartungen an den Kapitalmärkten beschlossen, die Bandbreitenempfehlung für die Marktrisikoprämie auf 5,25 % bis 6,75 % vor persönlichen Steuern abzusenken (Mittelwert: 6,0 %). Der Mittelwert der Bandbreitenempfehlung wurde damit um 1,0 %-Punkte reduziert, sodass sich bei sonst gleichen Bedingungen sinkende Kapitalisierungszinssätze und damit steigende Unternehmenswerte ergeben.

Indikative Bewertung

Die vergangenheitsorientierte Bewertung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren führt oftmals zu überhöhten Unternehmenswerten. In diesen Fällen ist über die Erstellung eines Wertgutachtens nach den Grundsätzen des IDW S1 nachzudenken. Die aktuelle Kapitalkostenempfehlung des FAUB führt bei Zugrundelegung des Mittelwerts für die Marktrisikoprämie und sonst gleichen Bedingungen zu sinkenden Kapitalisierungszinssätzen und damit zu steigenden Gutachtenwerten. Vor der Erstellung eines umfassenden Wertgutachtens sollte daher z. B. im Rahmen einer zunächst indikativen Bewertung erörtert werden, ob dies zielführend erscheint.