Verrechnungspreise und Umsatzsteuer

Ende letzten Jahres unterrichteten wir Sie über verschärfte Vorlagepflichten, die Unternehmen mit Auslandsbezug ab 2025 treffen. Grenzüberschreitende Leistungsbeziehungen innerhalb des Konzerns haben aber nicht nur ertragsteuerrechtliche, sondern vielmehr auch umsatzsteuerrechtliche und bei Drittlandsbezug einfuhrabgabenrechtliche Aspekte.

Bei der Umsatzsteuer stellt sich vor allem die Frage, ob spätere Zahlungen, die aufgrund verrechnungspreistechnischer Vereinbarungen geleistet werden müssen, auch umsatzsteuerrechtliche Relevanz haben und bejahendenfalls welche. Ist Letzteres der Fall, so gilt es einerseits zwischen Lieferungen und sonstigen Leistungen und andererseits zwischen innergemeinschaftlichen und Drittlands bezogenen Leistungsbeziehungen zu unterscheiden. Werden Waren aus dem Drittland eingeführt, stellen sich daneben einfuhrabgabenrechtliche Fragen.

Insoweit überrascht es, dass der EuGH erstmalig* im Jahre 2025 die Möglichkeit hatte, den Beteiligten Auslegungsgrundsätze für die Umsatzsteuer an die Hand zu geben. In der Rechtssache SC Arcoemt Towercranes vom 04.09.2025 entschied er, dass die Mehrwertsteuersystemrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die Vergütung für die von einer Muttergesellschaft ihrer Tochtergesellschaft erbrachten und vertraglich im Einzelnen aufgeführten konzerninternen Dienstleistungen, die nach einer in den von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angenommenen Verrechnungspreisleitlinien empfohlenen Methode berechnet wird und dem 2,74 % übersteigenden Teil der von der Tochtergesellschaft erzielten Gewinnspanne entspricht, die Gegenleistung für eine in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallende, gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung darstellt.

Erste Urteilsanmerkungen zeigen jedoch, dass die Entscheidung in der Fachwelt unterschiedlich beurteilt wird. Nach Auffassung des Verfassers ist die Entscheidung dahingehend zu verstehen, dass bei Vorliegen eines umsatzsteuerrechtlichen Leistungsaustausches zwischen zwei Konzerngesellschaften spätere Zahlungen grundsätzlich hierauf Auswirkungen haben. In Deutschland würde dies wohl über die Vorschrift des § 17 UStG erfolgen. Wie stets im Steuerrecht muss jedoch jeder Einzelfall gesondert geprüft werden. Dies verwundert nicht, da die Praxis mit ihren vielen unterschiedlichen Sachverhalten stets einzelfallbezogene Regelungen erforderlich macht.

In einer Entscheidung aus dem Sommer dieses Jahres gab der EuGH der Praxis bereits gewisse Leitlinien vor, unter welchen Voraussetzungen die Grundsätze der Mindestbemessungsgrundlage zur Anwendung kommen (Urt. vom 03.07.2025 C-808/23 – Högkullen AB).

Aber auch unter einfuhrabgabenrechtlichen Gesichtspunkten hat der EuGH in 2025 eine durchaus beachtenswerte Entscheidung getroffen. In seinem Urteil vom 15.05.2025 in der Rechtssache Tauritius (C-782/23) hat er entschieden, dass der Zollkodex dahin auszulegen ist, dass, wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem Waren in das Zollgebiet der Union eingeführt werden, nur deren vorläufiger, auf einer Pro-forma-Rechnung angegebener Preis bekannt ist und der Kaufvertrag vorsieht, dass ihr Endpreis später durch eine endgültige Rechnung auf der Grundlage bestimmter im Voraus festgelegter objektiver Faktoren festgesetzt wird, deren Wert vom Willen der Parteien unabhängig und den Parteien zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung nicht bekannt ist – wie z. B. der durchschnittliche Wechselkurs bestimmter Währungen oder der durchschnittliche Kurs bestimmter Erzeugnisse in einem bestimmten Zeitraum –, der Zollwert dieser Waren dennoch nach der Transaktionswertmethode zu ermitteln ist.

Fortsetzung folgt.

Beim EuGH ist nämlich unter dem Aktenzeichen C-603/24 ein weiteres Verfahren zu den Auswirkungen von Verrechnungspreisen bei der Umsatzsteuer anhängig. Das vorlegende Gericht möchte vom EuGH nämlich wissen, ob das harmonisierte europäische Mehrwertsteuerrecht dahin auszulegen ist, dass der darin vorgesehene Begriff der Dienstleistung gegen Entgelt eine Anpassung des Verkaufspreises von Fahrzeugen umfasst, die in einer zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung ordnungsgemäß festgelegt und konkretisiert worden ist und dazu dient, eine Mindestgewinnspanne zu erreichen, wobei diese Anpassung des Verkaufspreises der Fahrzeuge durch die Ausstellung einer Gutschrift oder Lastschrift der europäischen Hersteller der Gruppe General Motors gegenüber der Klägerin/Rechtsmittelführerin verbrieft wurde.

*Die MwSt-Expertengruppe der Europäischen Kommission hatte bereits im Jahre 2017 ausführlich zu den möglichen Umsatzsteuerimplikationen bei Verrechnungspreisen Stellung bezogen, vgl. Europäische Kommission v. 29.3.2017, VEG No. 065, taxud.c.1(2017)1513583